Rz. 140

Unter einer Katastrophenklausel versteht man die Regelung des Falles des gleichzeitigen (oder vermuteten gleichzeitigen) Versterbens beider Ehegatten. In dem Fall, dass Eheleute gleichzeitig sterben oder dass ein gleichzeitiges Versterben aufgrund § 11 VerschG vermutet wird, wird nach Ansicht der Rechtsprechung eine gegenseitige Erbeinsetzung in einem gemeinschaftlichen Testament als gegenstandslos angesehen.[258] Die Folge ist, dass jeder Ehegatte von seinen gesetzlichen oder testamentarischen Erben beerbt wird.

Zwar wird in dem Fall, in dem in einem Ehegattentestament eine Verfügung für den zweiten Sterbefall getroffen wurde, diese regelmäßig Anwendung finden, jedoch sollte dies in das Testament ausdrücklich aufgenommen werden. Gerade wenn die Ehepartner auch Kinder aus ersten Ehen haben, sind durch eine exakte Formulierung spätere Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden.

Im Falle der Einheitslösung kann eine Katastrophenklausel dahingehend formuliert werden, dass die Schlusserbeneinsetzung für jeden Ehegatten gelten soll.

 

Rz. 141

Muster 19.31: Katastrophenklausel bei Einheitslösung (Schlusserbeneinsetzung)

 

Muster 19.31: Katastrophenklausel bei Einheitslösung (Schlusserbeneinsetzung)

Für den Fall, dass wir tatsächlich gleichzeitig versterben, oder ein gleichzeitiges Versterben vermutet wird, wird jeder von uns entsprechend der Schlusserbeneinsetzung für den zweiten Todesfall mit allen dort angeordneten Vermächtnissen, Auflagen und der dort angeordneten Testamentsvollstreckung beerbt.

Entsprechendes gilt bei der Trennungslösung. Hier sollte die Klausel so formuliert werden, dass jeder Ehegatte entsprechend der Nacherbfolge beerbt wird.

 

Rz. 142

Muster 19.32: Katastrophenklausel bei Trennungslösung (Nacherbfolge)

 

Muster 19.32: Katastrophenklausel bei Trennungslösung (Nacherbfolge)

Für den Fall, dass wir tatsächlich gleichzeitig versterben, wird jeder von uns entsprechend der Nacherbfolge für den ersten Todesfall mit allen dort angeordneten Vermächtnissen, Auflagen und der angeordneten Testamentsvollstreckung beerbt. Der jeweils andere Ehepartner wird in diesem Fall nicht Vorerbe.

Sind die Bedachten, in der Regel die Abkömmlinge, bereits vorverstorben oder ebenfalls bei dem Unfall getötet worden, so ist in der Katastrophenklausel unbedingt ein Ersatzerbe zu benennen.

 

Rz. 143

Muster 19.33: Katastrophenklausel bei Vorversterben der Abkömmlinge

 

Muster 19.33: Katastrophenklausel bei Vorversterben der Abkömmlinge

Für den Fall, dass wir tatsächlich gleichzeitig versterben und alle als Schlusserben genannten Erben einschließlich der ausdrücklich oder aufgrund von Auslegungsregelungen eingesetzten Ersatzerben ebenfalls weggefallen sind, bestimmt jeder von uns _________________________ zu seinen Erben, ersatzweise _________________________.

 

Rz. 144

Auslegungsfähig ist oftmals, was die Eheleute unter "gleichzeitigem Versterben" verstehen. Gemeint sein kann mit dem "gleichzeitigen Versterben" nicht nur der exakt "zeitgleiche" Todeszeitpunkt.

So können damit die in kurzen zeitlichen Abständen eingetretenen Todesfälle aufgrund derselben Ursache[259] oder auch aufgrund unterschiedlicher Ursachen, etwa krankheitsbedingter, gemeint sein.[260] Auch kann die nach dem Tod eines Ehepartners vollzogene Selbsttötung von der Formulierung des gleichzeitigen Versterbens mit umfasst sein.[261] Nicht umfasst dürfte von einer Formulierung "nach unserem plötzlichen gemeinsamen Tod" der Fall sein, dass zwischen den beiden Todesfällen ein Zeitraum von mehreren Jahren liegt.[262]

Nach Auffassung der Rechtsprechung gilt eine Regelung für den Fall des gleichzeitigen Versterbens grundsätzlich nicht für den Fall, dass Ehepartner in einem erheblichen zeitlichen Abstand versterben.[263] Etwas anderes kann nur angenommen werden, wenn sich unter Berücksichtigung der Andeutungstheorie in der letztwilligen Verfügung selbst eine Grundlage dafür findet, dass von dem Begriff des "gleichzeitigen Versterbens" auch der Fall erfasst wird, in dem zwischen dem 1. und dem 2. Todesfall ein längerer Zeitraum liegt.[264]

Das OLG Brandenburg ist im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs "Bei einem gemeinsamen Tod" der Auffassung, dass dies ausreichend im Sinne der Andeutungstheorie für die Annahme ist, dass damit auch die Regelung für den Fall gemeint ist, dass der überlebende Ehepartner in längerem zeitlichen Abstand nachverstirbt.[265]

[258] RGZ 149, 200, 201.
[260] OLG Stuttgart FamRZ 1994, 852.
[261] BayObLG ZEV 1996, 470.
[265] OLG Brandenburg ZErb 2019, 95.

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