1. Allgemeines
Rz. 67
Im Rahmen der Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung spielt die Frage eines Abänderungsrechts des überlebenden Ehegatten (Freistellungsklausel) hinsichtlich der eigenen wechselbezüglichen Verfügung eine große Rolle. In § 2270 Abs. 1 BGB ist es den Ehegatten freigestellt, ob sie ihre letztwilligen Verfügungen wechselbezüglich und bindend errichten wollen. Die Ehegatten können sich demnach auch das Recht einräumen, diese Bindungswirkung nach dem ersten Erbfall aufzuheben bzw. abzuändern. Das Recht zur Abänderung der eigenen Verfügung kann auch von einer Bedingung abhängig gemacht oder nur aus bestimmten Gründen erlaubt werden. Auch kann sich ein Abänderungsrecht durch Auslegung ergeben (vgl. oben Rdn 61).
2. Abänderung innerhalb eines bestimmten Personenkreises
Rz. 68
Eine solche Freistellungs- bzw. Abänderungsklausel hat den Vorteil, dass der nach dem Tod des Erstversterbenden gebundene Ehegatte die Möglichkeit hat, auf gewisse Änderungen im Leben der beispielsweise als Schlusserben eingesetzten Kinder zu reagieren. In der Praxis hat sich gezeigt, dass gerade in Bezug auf nicht ehegemeinschaftliche Kinder beim Wegfall eines Ehegatten unvorhersehbare Entwicklungen eintreten können.
Rz. 69
Die Ehegatten sind bei der Gestaltung der Freistellungsklausel hinsichtlich der Art und des Umfanges völlig frei. So kann sich die Abänderungsbefugnis auf eine rein gegenständliche Abänderung, eine Quotenabänderung oder eine allgemeine Abänderung beschränken. Ebenso kann auch der Personenkreis, z.B. die ehegemeinschaftlichen Kinder, zugunsten dessen abgeändert werden kann, beliebig festgelegt werden. Wichtig ist, dass die Abänderungsbefugnis klar formuliert ist. Die Anordnung, dass der überlebende Ehegatte frei verfügen darf, genügt hierbei nicht, da diese lediglich lebzeitige Verfügungen betreffen kann. Sinnvoll ist vor allem die Freistellung dahingehend, dass der überlebende Ehepartner einen Nacherben und eine Testamentsvollstreckung anordnen darf, um dem Fall vorzubeugen, dass einer der Schlusserben zwischen dem ersten und dem zweiten Todesfall in Vermögensverfall gerät und ggf. ein Gläubigerzugriff auf den Erbteil droht. Auch sollte bei gemeinsam angeordneter Testamentsvollstreckung dem überlebenden Ehepartner das Recht eingeräumt werden, die Befugnisse des Testamentsvollstreckers zu erweitern.
Rz. 70
Muster 19.13: Abänderungsmöglichkeit in Bezug auf ehegemeinschaftliche Kinder
Muster 19.13: Abänderungsmöglichkeit in Bezug auf ehegemeinschaftliche Kinder
Unsere in diesem Testament getroffenen Verfügungen für den ersten und den zweiten Todesfall sollen wechselbezüglich und bindend sein mit der Maßgabe, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, die Verfügung für den Schlusserbfall hinsichtlich der Erbeinsetzung, der Anordnung von Vermächtnissen und Auflagen innerhalb der als Schlusserben berufenen ehegemeinschaftlichen Kinder und deren Abkömmlinge beliebig abzuändern. Zugunsten anderer als unserer ehegemeinschaftlichen Abkömmlinge darf der überlebende Ehepartner aber nicht verfügen. Der überlebende Ehegatte ist aber auch berechtigt, eine Testamentsvollstreckung mit beliebigem Inhalt und einen Nacherben für den Schlusserbfall anzuordnen. Bei Ausübung des Abänderungsrechts bleibt die Verfügung des Erstversterbenden entgegen § 2270 Abs. 1 BGB weiterhin wirksam.
3. Abänderung hinsichtlich bestimmter Vermögenspositionen
Rz. 71
Weiter besteht auch die Möglichkeit, die Bindungswirkung nur im Hinblick auf das ererbte Vermögen bestehen zu lassen, während der überlebende Ehegatte über sein eigenes Vermögen weiter frei verfügen darf, wobei hier nur eine vermächtnisweise Abänderung möglich sein kann.
Rz. 72
Muster 19.14: Abänderungsmöglichkeit nur bezüglich des Eigenvermögens des überlebenden Ehegatten
Muster 19.14: Abänderungsmöglichkeit nur bezüglich des Eigenvermögens des überlebenden Ehegatten
Unsere in diesem Testament getroffenen Verfügungen für den ersten und den zweiten Todesfall sollen insgesamt wechselbezüglich und bindend sein mit der Maßgabe, dass der überlebende Ehegatte berechtigt ist, hinsichtlich seines Eigenvermögens, welches er nicht vom Erstversterbenden geerbt hat, die Verfügung für den Schlusserbfall dahingehend abzuändern, dass er hierüber durch Anordnung von Vermächtnissen frei verfügen kann. Darüber hinaus ist der überlebende Ehegatte auch berechtigt, eine Testamentsvollstreckung mit beliebigem Inhalt für den Schlusserbfall anzuordnen. Die Schlusserben erhalten im Wege des Vermächtnisses jeweils einzeln das Recht, beim ersten Todesfall ein notarielles Nachlassverzeichnis über das ererbte Vermögen erstellen zu lassen. Bei Ausübung des Abänderungsrechts bleibt die Verfügung des Erstverstorbenen weiterhin wirksam (entgegen § 2270 Abs. 1 BGB).
Rz. 73
Ein in der Praxis s...