Rz. 80

Das Selbstanfechtungsrecht der Ehegatten kann in der gegenseitigen Verfügung von Todes wegen grundsätzlich ausgeschlossen werden.[142] Man spricht insoweit auch von einem Vorausverzicht auf das Anfechtungsrecht, der auch gegenüber einem anfechtungsberechtigten Dritten gilt.[143]

Auf das Anfechtungsrecht kann dabei teilweise oder ganz verzichtet werden.[144] Unter bestimmten Umständen kann sich ein Anfechtungsverzicht auch durch Auslegung ergeben.[145]

 

Rz. 81

Gerade um den Fall einer Anfechtung nach erfolgter Wiederverheiratung zu vermeiden, sollte ein entsprechender Verzicht im gemeinschaftlichen Testament erklärt werden. Um im Falle der Wiederverheiratung der Situation des überlebenden Ehepartners gerecht zu werden, kann durch die Aufnahme einer Wiederverheiratungsklausel einerseits sichergestellt werden, dass die gemeinsamen Abkömmlinge ihren Anteil am Nachlass des Erstverstorbenen erhalten und andererseits kann der überlebende Ehepartner dann seine Testierfreiheit durch Aufhebung der Wechselbezüglichkeit wiedererlangen.

Während ein Ausschluss der Anfechtungsmöglichkeit wegen Hinzutretens weiterer Pflichtteilsberechtigter gemäß § 2079 BGB daher in jeder Verfügung von Todes wegen enthalten sein sollte, ist der Ausschluss des Anfechtungsrechts nach § 2078 BGB mit Vorsicht zu behandeln, da eine Vorsorge hinsichtlich der Vielfältigkeit der Motive nahezu unmöglich ist und ein umfassender Ausschluss des Motivirrtums ggf. mehr negative als positive Folgen haben kann.

 

Rz. 82

Im Übrigen ist bei einem Verzicht auf ein Anfechtungsrecht nach § 2078 BGB wegen Motivirrtums der Umfang des Verzichts auf diejenigen Umstände zu beschränken, die der Erblasser voraussehen bzw. mit denen er rechnen konnte.[146] In den Fällen, in denen unvorhersehbare Umstände eintreten, bleibt dann eine Anfechtung wegen Motivirrtums nach § 2078 BGB i.d.R. weiterhin bestehen.[147]

 

Rz. 83

Muster 19.16: Anfechtungsverzicht nach § 2079 BGB

 

Muster 19.16: Anfechtungsverzicht nach § 2079 BGB

Wir, die Eheleute _________________________, verzichten auf das uns zustehende Anfechtungsrecht gemäß § 2079 BGB für den Fall des Hinzutretens oder Vorhandenseins weiterer Pflichtteilsberechtigter. Die in unserem Testament für den ersten und den zweiten Todesfall getroffenen Verfügungen sollen also auch dann wirksam sein, wenn weitere Pflichtteilsberechtigte vorhanden sind oder noch hinzutreten, insbesondere auch dann, wenn sich der überlebende Ehegatte wiederverheiratet. Insoweit ist auch ein Anfechtungsrecht Dritter ausgeschlossen.

[142] MüKo/Musielak, § 2281 Rn 16.
[143] Dritte sind bei bindend gewordenen gemeinschaftlichen Testamenten anfechtungsberechtigt, wenn das Anfechtungsrecht des Erblassers zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht erloschen war, vgl. Nieder/Kössinger, § 24 Rn 28.
[146] OLG Celle NJW 1963, 353.
[147] Bengel, DNotZ 1984, 132.

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