A. Allgemeines zur Erstellung eines Ehegattentestaments
Rz. 1
Die Erstellung eines gemeinschaftlichen Testaments ist gemäß § 2265 BGB ausdrücklich Ehegatten und nach § 10 Abs. 4 LPartG den Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft vorbehalten. Bei der Gestaltung eines Ehegattentestamentes besteht die Besonderheit, dass Verfügungen von Todes wegen für zwei Todesfälle angeordnet werden. Es unterscheidet sich dabei insoweit vom Einzeltestament, als beide Ehegatten ihre Verfügungen von Todes wegen in einer gemeinsamen Urkunde niederlegen.
Rz. 2
Ein weiterer Unterschied im Verhältnis zum Einzeltestament besteht bei gemeinschaftlichen Verfügungen darin, dass die Auswirkungen der Wechselbezüglichkeit der letztwilligen Verfügungen (§§ 2270, 2271 BGB) eine gegenseitige Bindungswirkung nach sich ziehen und somit auch einen materiellen Unterschied bewirken können.
Zu beachten ist, dass bei einem gemeinschaftlichen Testament aber nicht immer eine Wechselbezüglichkeit der Verfügungen vorliegen muss. Die Ehepartner können auch bestimmen, dass keine oder nur einzelne letztwillige Anordnungen wechselbezüglich sein sollen, ebenso können auch nur die Verfügungen eines Ehegatten wechselbezüglich sein (sog. einseitige Wechselbezüglichkeit).
Rz. 3
In der Praxis macht gerade die Wechselbezüglichkeit und die damit einhergehende Bindungswirkung die gemeinsame Verfügung interessant. Die gemäß der Vermutungsregel des § 2271 Abs. 2 BGB nach dem ersten Todesfall eintretende Bindungswirkung erlaubt es so den Ehegatten, sich gegenseitig zu Lebzeiten abzusichern und den Vermögensfluss in Richtung auf die eigenen Abkömmlinge nach dem Tod des Überlebenden zu steuern.
Bei der Gestaltung ist jedoch darauf zu achten, dass der überlebende Ehegatte durch die Bindungswirkung in seiner letztwilligen Verfügungsfreiheit nicht zu sehr eingeschränkt wird, damit er auf unvorhersehbare Ereignisse nach dem ersten Todesfall noch reagieren kann.
Dies ist beispielsweise notwendig, wenn einer der Schlusserben zwischen dem Eintritt des ersten und des zweiten Todesfalles in Vermögensverfall gerät. Denn genauso wie die Ehegatten bestimmen können, ob eine Verfügung wechselbezüglich sein soll oder nicht, steht ihnen auch das Recht zu, die Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung einzuschränken und sich eine Änderungsbefugnis vorzubehalten.
(Zum gemeinschaftlichen Testament bei Auslandsbezug vgl. § 26 Rdn 89 ff.).
B. Aufbau des gemeinschaftlichen Testaments
Rz. 4
Für den Aufbau eines gemeinschaftlichen Testaments ist eine klare Trennung zwischen den Verfügungen für den ersten Todesfall, den Verfügungen für den zweiten Todesfall und der Bestimmung, welche der Verfügungen mit welchem Inhalt wechselbezüglich sein sollen, anzuraten. Darüber hinaus sollte auch der Fall des gleichzeitigen Versterbens Berücksichtigung finden und eine Regelung für den Fall der Scheidung getroffen werden. Letzteres insbesondere vor dem Hintergrund, dass die gesetzliche Vorschrift des § 2077 BGB nur den Fall abdeckt, dass der Erblasser selbst den Scheidungsantrag gestellt hat (§ 2077 Abs. 1 S. 2 BGB) und im Übrigen die Rechtsprechung zunehmend zu einer individuellen Auslegung tendiert, wie auch die Entscheidung des BGH vom 7.7.2004 zeigt, in der von einer Fortgeltung wechselbezüglicher Verfügungen nach Scheidung ausgegangen wurde.
Im Einzelnen kann nach folgendem Aufbauschema vorgegangen werden:
1. |
Verfügung für den ersten Todesfall
a) |
Erbeinsetzung |
b) |
Vermächtnis, Auflagen |
c) |
Anfechtungsverzicht (§ 2079 BGB) |
d) |
Wiederverheiratungsklausel |
e) |
Pflichtteilsstrafklausel (bedingtes Vermächtnis) |
|
2. |
Verfügung für den zweiten Todesfall
a) |
Erbeinsetzung |
b) |
Vermächtnis, Auflagen |
c) |
Pflichtteilsklausel |
d) |
Anfechtungsverzicht (§ 2079 BGB) |
|
3. |
Wechselbezüglichkeit und Bindungswirkung hinsichtlich der Verfügungen für den ersten und den zweiten Todesfall |
4. |
Verfügung für den Fall des gleichzeitigen Versterbens der Eheleute und/oder der Eheleute und der Kinder |
5. |
Vorsorge für den Fall der Scheidung |
6. |
Testamentsvollstreckung |
C. Letztwillige Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament
I. Allgemeines
Rz. 5
Gesetzlich geregelt ist in § 2269 BGB das gemeinschaftliche Testament in Form der gegenseitigen Vollerbeneinsetzung ("Berliner Testament"). Insoweit spricht man auch von der "Einheitslösung", weil das Vermögen beider Ehepartner aus einem Berufungsgrund an den Erben übergeht. Die Bezeichnung "Berliner Testament" kann als Überbegriff sowohl für die Einheitslösung als auch für die Trennungslösung verwendet werden, bei der der überlebende Ehepartner nur Vorerbe wird.
Rz. 6
Bei der Erstellung eines Ehegattentestaments bieten sich drei Gestaltungsmöglichkeiten an:
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die Einheitslösung, bei der der überlebende Ehepa... |