Dr. Michael Thielemann, Dr. Hans-Joachim David
A. Einleitung
Rz. 1
Das Revisionsrecht ist wie das Berufungsrecht eine Ausprägung des prozessrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Abänderungs- und Bestandsinteressen werden ein zweites Mal gegeneinander abgewogen, nachdem zuvor bereits eine Abwägung in der Berufungsinstanz stattgefunden hat. Der Revisionskläger muss folglich zur Erreichung der Urteilsabänderung gewichtigere Gründe vorbringen als der Berufungskläger, weil das Bestandsinteresse des Revisionsbeklagten nach der Beendigung des Berufungsverfahrens an weiterem Gewicht gewonnen hat. So erklärt es sich, dass die Revision gegen ein Berufungsurteil nicht von selbst statthaft ist. Statthaftigkeit erlangt sie erst, wenn sie entweder vom Berufungsgericht oder nach Einleitung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens vom Bundesgerichtshof zugelassen wird.
B. Rechtliche Grundlagen
I. Die Revision aus der Sicht des Revisionsklägers
1. Vorüberlegungen
a) Die Revisionszulassung
Rz. 2
Die Revision ist gem. § 542 Abs. 1 ZPO nur statthaft gegen Endurteile, die von Landgerichten oder Oberlandesgerichten in der Berufungsinstanz erlassen worden sind. Im Jahr 2017 sind 330 Revisionen beim Bundesgerichtshof eingegangen, die von Oberlandesgerichten bzw. dem Kammergericht zugelassen worden sind und 309 von Landgerichten zugelassene Revisionen. Insgesamt sind über 4.100 Revisionen und Nichtzulassungsbeschwerden beim BGH eingegangen.
Rz. 3
Demgegenüber findet die Revision nicht statt:
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gegen Urteile im Arrest- oder einstweiligen Verfügungsverfahren (§ 542 Abs. 2 S. 1 ZPO), |
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gegen Urteile über die vorzeitige Besitzeinweisung im Enteignungs- oder Umlegungsverfahren (§ 542 Abs. 2 S. 2 ZPO), |
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gegen in Urteilsform ergangene gemischte Kostenentscheidungen bei übereinstimmender Teilerledigungserklärung (§ 91a ZPO) und |
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gegen Versäumnisurteile, es sei denn, die Revision wird darauf gestützt, dass ein Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe (§§ 514 Abs. 2 S. 1, 565 ZPO). |
Rz. 4
Weitere Voraussetzung für die Durchführung des Revisionsverfahrens ist, dass
zugelassen hat.
Rz. 5
Hinweis
Bedeutungsvoll ist die Unterscheidung zwischen der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht und der Zulassung der Revision durch das Revisionsgericht im Hinblick auf die Mindestbeschwer. Auf diese kommt es bei der Zulassung der Revision durch das Berufungsgericht gem. § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO nämlich nicht an; ausreichend ist, dass die unterlegene Partei an sich beschwert ist. Anders liegt es demgegenüber bei einer angestrebten Revisionszulassung durch das Revisionsgericht; hier muss der Beschwerdewert gem. § 26 Nr. 8 EGZPO den Betrag von 20.000 EUR übersteigen. Diese Regelung sollte ursprünglich nur bis zum 31.12.2006 gelten, ist jedoch abermals – nunmehr bis zum 31.12.2019 – verlängert worden. Maßgeblich für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 26 Nr. 8 EGZPO ist nicht die Beschwer aus dem Berufungsurteil, sondern der Wert des Beschwerdegegenstandes aus dem beabsichtigten Revisionsverfahren. Der Beschwerdeführer muss daher innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen, dass er mit der beabsichtigten Revision die Abänderung des Berufungsurteils in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigt, erstrebt.
b) Die inhaltlichen Mindestanforderungen
Rz. 6
Da die Revision vom Gesetzgeber als Zulassungsrevision ausgestaltet worden ist, kann der Revisionskläger eine Revisionszulassung nur erreichen, wenn er darzulegen vermag, dass:
Sinngemäß gilt dasselbe wie bei der Zulassungsberufung.
Rz. 7
Hinweis
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interessen in besonderem Maße berühren und ein Tätigwerden des Revisionsgerichts erforderlich machen, oder wenn eine Vorlage an den EuGH in Betracht kommt. Dementsprechend muss
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die durch die angefochtene Entscheidung aufgeworfene Rechtsfrage konkret benannt werden (Aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite ist die Rechtsfrage umstritten?), |
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die Bedeutung der Sache für eine Unbestimmtheit von Fällen im Einzelnen aufgezeigt werden (wobei ein Hinwe... |