I. Allgemeines
Rz. 85
Der Frage der Möglichkeit einer sogenannten Fremdverwaltung (Dauervollstreckung) von Unternehmen oder Unternehmensteilen durch einen Testamentsvollstrecker kommt in der Praxis große Bedeutung zu. So kann damit beispielsweise erreicht werden, dass der Betrieb oder das Unternehmen des Erblassers für den späteren Nachfolger erhalten bleibt, falls dieser zum Zeitpunkt des Erbfalls zu jung oder zu unerfahren ist, oder dass auf das Heranwachsen eines geeigneten Enkels gewartet werden kann. Auf der anderen Seite handelt es sich hierbei um ein für die Praxis schwierig zu handhabendes Instrumentarium, da die beschränkbare Erbenhaftung mit der unbeschränkten handelsrechtlichen Haftung kollidiert.
Rz. 86
Während früher die Anordnung einer Testamentsvollstreckung bei persönlich haftenden Anteilen an Personengesellschaften abgelehnt wurde, ist dies nach heutiger Rechtsprechung des BGH nicht gänzlich ausgeschlossen. Lediglich über die Reichweite der Testamentsvollstreckung bestehen noch teilweise Unklarheiten, da der BGH die Abgrenzung der jeweiligen Pflichten durch die Begriffe "Außenseite" und "Innenseite" der Gesellschaft definiert hat. Darüber hinaus wird seit der Entscheidung des BGH vom 3.7.1989 eine Fremdverwaltung eines Kommanditanteils durch einen Dauertestamentsvollstrecker als zulässig angesehen.
II. Die Testamentsvollstreckung am Einzelunternehmen
Rz. 87
Die Fortführung eines Einzelunternehmens durch einen Dauertestamentsvollstrecker kraft Amtes wird von der Rechtsprechung abgelehnt, da ansonsten ein Unternehmen mit erbrechtlich beschränkter Haftung entstünde. Nach Ansicht des BGH kann aber das Einzelunternehmen durch den Testamentsvollstrecker als Treuhänder im eigenen Namen und mit eigener Haftung (Treuhandlösung) oder als Bevollmächtigten des Erben (Vollmachtslösung) fortgeführt werden. Nach Teilen der Literatur sei es ferner möglich, dass dem Testamentsvollstrecker im Innenverhältnis gegenüber dem Erben ein – ihm vom Erblasser übertragenes – Weisungsrecht zusteht, im Außenverhältnis der Erbe das Einzelunternehmen aber selbstständig führt (Weisungslösung); im Hinblick auf die vom Gesetzgeber in § 2206 BGB getroffene Wertung erscheint eine persönliche Haftung des Erben als Folge eines Weisungsrechts des Testamentsvollstreckers allerdings bedenklich. Enthält die Verfügung von Todes wegen ausdrücklich keine der Ersatzlösungen, so kann nach Ansicht des BGH in der Anordnung einer Verwaltungstestamentsvollstreckung eine Auflage zu treuhänderischer Übertragung durch die Erben liegen.
III. Testamentsvollstreckung an Anteilen von Personengesellschaften
Rz. 88
Ähnlich verhält es sich auch bei Personengesellschaften. Hier hängen der Umfang und die Möglichkeiten einer Testamentsvollstreckertätigkeit zunächst von der jeweiligen Nachfolgeklausel ab.
Rz. 89
Wird die Gesellschaft bei Vorhandensein einer Fortsetzungsklausel unter den übrigen Gesellschaftern fortgesetzt, was bei oHG und KG der gesetzliche Regelfall ist, dann hat der Testamentsvollstrecker die Möglichkeit, die Abfindungsansprüche gegenüber den Gesellschaftern geltend zu machen.
Rz. 90
Wird die Gesellschaft aufgrund einer Nachfolgeklausel mit den Erben fortgesetzt, dann ist eine Testamentsvollstreckung nur bezüglich der "Außenseite" der Gesellschaftsbeteiligung möglich. D.h., der Erbe selbst kann grundsätzlich seine Stimmrechte und sonstige ihm im Innenverhältnis zustehende Rechte (Stimmrechte, Vertretung und Geschäftsführung) ausüben. Die Rechte des Testamentsvollstreckers beschränken sich dagegen auf die vermögensrechtliche Seite. Darüber hinaus kann der Testamentsvollstrecker auch verhindern, dass der Erbe den Gesellschaftsanteil veräußert oder ein Gläubigerzugriff in den Gesellschaftsanteil stattfindet. Die Abgrenzung zwischen der von der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers erfassten Außenseite der Gesellschaftsbeteiligung und den inneren Angelegenheiten, die nicht von dem Testamentsvollstrecker wahrzunehmen sind, ist noch weitgehend ungeklärt.
Soll die Testamentsvollstreckung nicht auf Vermögensrechte beschränkt bleiben, sind die gleichen Ersatzlösungen wie bei einem Einzelunternehmen, insbesondere die Treuhandlösung und die Vollmachtslösung (siehe näher Rdn 87), möglich, sofern diese mit dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag vereinbar sind oder die übrigen Gesellschafter zustimmen.
Rz. 91
Handelt es sich bei dem Gesellschaftsanteil um eine Kommanditbeteiligung, dann ist nach der Rechtsprechung des BGH die Testamentsvollstreckung auch in Bezug auf das "Innenverhältnis" möglich, wenn die übrigen Gesellschafter einer Verwaltung des Gesellschaftsanteils durch einen Testamentsvollstrecker im Gesellschaftsvertrag zugestimmt haben. Fehlt eine solche Zustimmung, dann ist auch bei einem Kommanditanteil ein...