Rz. 46
Dem Testamentsvollstrecker steht nach § 2205 BGB die Verfügungsbefugnis über den Nachlass zu. Die Verfügungsbefugnis bezieht sich auf sämtliche der Testamentsvollstreckung unterliegenden Gegenstände, wie beispielsweise die Belastung oder Veräußerung von Grundstücken, die Tilgung von Nachlassverbindlichkeiten etc., wobei zu beachten ist, dass das Verfügungsgeschäft auch dann wirksam ist, wenn es nicht der ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2206 Abs. 1 S. 2 BGB) entspricht. Das Verfügungsgeschäft ist nach außen hin wirksam, lediglich im Innenverhältnis zum Erben stellt sich die Frage, ob die Verfügung im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung notwendig gewesen ist.
Rz. 47
Der Testamentsvollstrecker ist allerdings nur zu entgeltlichen Verfügungen befugt. Im Hinblick auf unentgeltliche Verfügungen kann er auch vom Erblasser selbst nicht befreit werden (§§ 2207 S. 2, 2205 S. 3 BGB).
Rz. 48
Die Frage, ob der Testamentsvollstrecker im Rahmen seiner Tätigkeit auch Verpflichtungsgeschäfte für den Nachlass eingehen kann, ist in § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB geregelt. Um eine Verbindlichkeit für den Nachlass einzugehen, muss der Testamentsvollstrecker nach außen hin erkennbar als solcher handeln, ansonsten würde er ein Eigengeschäft tätigen und als Privatperson verpflichtet werden. Im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung kann der Testamentsvollstrecker alle Rechtsgeschäfte abschließen, durch die der Nachlass verpflichtet wird, wie beispielsweise einen Kaufvertrag, einen Mietvertrag oder einen Vergleich.
Rz. 49
Was im Einzelnen unter einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2216 Abs. 1 BGB) zu verstehen ist, hängt zum einen von den letztwilligen Anordnungen des Erblassers und zum anderen von dem Zweck der Verwaltung und den Umständen des Einzelfalls ab. Hierin ist im Einzelnen letztlich die "Nutzbarmachung des Nachlasses" nach wirtschaftlichen Kriterien unter Berücksichtigung des Erblasserwillens und der Interessen der Erben zu sehen.
Rz. 50
Darunter kann fallen, dass der Testamentsvollstrecker Forderungen einzutreiben und Verträge anzufechten, Vollstreckungsschutz und andere Rechtsbehelfe geltend zu machen hat. Zur Verpflichtung des Testamentsvollstreckers, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung die Erträge an die Erben auszuschütten, vgl. Reimann, ZEV 2010, 8.
Rz. 51
Der Begriff der ordnungsgemäßen Verwaltung wird in erster Linie durch objektive Kriterien bestimmt. Dennoch steht dem Testamentsvollstrecker auch ein Ermessensspielraum zu. Entsprechend seinen persönlichen Fähigkeiten (subjektive Merkmale) hat er den Nachlass zu verwalten und nach bestem Können zu handeln. Die Grenze des objektiven Bewertungsmaßstabs bilden insbesondere die subjektiven Fähigkeiten des Testamentsvollstreckers, d.h. seine Kenntnisse im kaufmännischen und organisatorischen Bereich. Er ist durchaus berechtigt, Spekulationsgeschäfte zu tätigen, wobei sich der weniger Bewanderte vorher beraten lassen muss. Die Grenze wird wohl das abwägbare Risiko darstellen, so sind beispielsweise Warentermingeschäfte etc. nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung zu sehen.
Rz. 52
Auf der anderen Seite darf der Testamentsvollstrecker sich auch nicht nur mit einem mäßigen Erfolg zufrieden geben. Er hat nach der Parallelwertung eines "dynamischen" Geschäftsführers zu handeln, so dass ihm letztlich nur diejenigen Verfügungen verwehrt sind, die den Grundsätzen einer wirtschaftlich gesunden Vermögensverwaltung zuwiderlaufen.
Rz. 53
Dies schließt beispielsweise aus, dass der Testamentsvollstrecker grundsätzlich den sichersten Weg zu gehen hat. So kann der Kauf einer kurz zuvor gefallenen Aktie oder die Streuung bei einer Kapitalanlage durchaus auch vorteilhaft sein. Gehen bestimmte Kapitalanlagen später verloren, dann führt dies für sich allein noch nicht zu einer Schadensersatzpflicht, weil dafür das Verhalten des Testamentsvollstreckers bei der Anlage des Vermögens insgesamt, und nicht nur partiell auf einzelne Anlagen beschränkt, zu beurteilen ist. Um in diesem Bereich die Haftungsgefahr für den Testamentsvollstrecker zu reduzieren, bietet es sich an, in der letztwilligen Verfügung Vorgaben bzw. Richtlinien für die Verwaltung des Nachlasses anzuordnen.
Rz. 54
Ist die Eingehung der Verbindlichkeit zur ordnungsgemäßen Verwaltung nicht erforderlich, so ist die Verpflichtung für den Nachlass dann wirksam, wenn der Dritte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne Fahrlässigkeit annahm, dass dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich war. Der Dritte genießt insoweit in Bezug auf § 2206 Abs. 1 S. 1 BGB Gutglaubensschutz.
Rz. 55
Nach § 2206 Abs. 1 S. 2 BGB ist der Testamentsvollstrecker zur Eingehung einer Verbindlichkeit zu einer Verfügung dann befugt, wenn er zu der Verfügung selbst berechtigt ist. Die Vorschrift soll sicherstellen, dass das dingliche Verfügungsgeschäft und die Verpflichtung zu einer Verfügung nicht auseinanderfallen. Es machte insoweit keinen Sinn, wenn der Testamentsvoll...