Rz. 101
Eine objektive Verletzung der dem Testamentsvollstrecker obliegenden Pflichten beurteilt sich nach der Generalklausel des § 2216 Abs. 1 BGB, wonach der Testamentsvollstrecker zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses verpflichtet ist, sowie am Willen des Erblassers, der sich in erster Linie in der letztwilligen Verfügung dokumentieren muss. Dieser Wille wird regelmäßig an den Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung orientiert sein. Insoweit ist auch der fiktive Wille des Erblassers maßgebend, weil zu berücksichtigen ist, wie sich der Erblasserwille in Kenntnis der nachträglich eingetretenen Umstände dargestellt hätte.
Rz. 102
Weiterhin ist erforderlich, dass den Testamentsvollstrecker hinsichtlich der objektiven Pflichtverletzung ein Verschulden i.S.d. § 276 BGB trifft. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der behaupteten Pflichtverletzung. Der Testamentsvollstrecker haftet somit für Vorsatz und jegliche Form der Fahrlässigkeit. Beachtlich ist aber, dass eine Garantiehaftung oder eine verschuldensunabhängige Gewährleistung des Testamentsvollstreckers nicht gegeben ist. Bei der erforderlichen Sorgfalt des Testamentsvollstreckers ist insbesondere zu prüfen, welche Sorgfaltspflichten und welcher Sorgfaltsmaßstab gerade im konkreten Fall, bei der konkreten Person und bei den konkreten Umständen anzuwenden sind. Insoweit liegt hier eine subjektive, nicht eine objektive Betrachtung vor, was aber grundsätzlich nicht bedeutet, dass hier die diligentia quam in suis gilt. Demgegenüber richtet sich die Vorhersehbarkeit des schädigenden Erfolges nach der ex-ante-Sicht des damals berufenen Testamentsvollstreckers.
Rz. 103
Eine Besonderheit besteht für den Fall, dass der Testamentsvollstrecker sich fachkundiger Berater zur Unterstützung seines Amtes bedient. Insoweit haftet er lediglich für die gewissenhafte Auswahl dieser Berater. Maßgeblich hierfür ist eine ex-ante-Betrachtung, d.h. es ist zu fragen, ob dem Testamentsvollstrecker im entscheidenden Zeitpunkt eine Vermeidung des schädigenden Ereignisses bekannt und möglich gewesen wäre.
Rz. 104
Im Rahmen der Kausalität der objektiven Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden ist zu prüfen, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Verhalten genommen hätten und wie die Vermögenslage des Erben oder Vermächtnisnehmers wäre, wenn der Testamentsvollstrecker die Pflichtverletzung nicht begangen, sondern pflichtgemäß gehandelt hätte. In diesem Zusammenhang sind auch der Zurechnungszusammenhang, der Schutzzweck der Haftungsnorm des § 2219 BGB sowie die Frage nach dem rechtmäßigen Alternativverhalten zu beachten.
Rz. 105
Die Darlegungs- und Beweislast trifft insoweit denjenigen, der die Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers behauptet.
Bei Untätigkeit des Testamentsvollstreckers kann der Erbe nach einer Entscheidung des OLG Koblenz einen Rechtsanwalt beauftragen und die dadurch angefallenen Gebühren gemäß § 2219 BGB gegen den Testamentsvollstrecker geltend machen.