Rz. 135
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen andere Berufsgruppen als Rechtsanwälte (insbesondere Steuerberater und Banken) Testamentsvollstreckungen übernehmen dürfen, ist in § 5 Abs. 2 RDG geregelt. Danach gelten Rechtsdienstleistungen, die im Zusammenhang mit einer Testamentsvollstreckung erbracht werden, als erlaubte Nebenleistungen. Die Übernahme von Testamentsvollstreckungen und die Erbringung damit verbundener Dienstleistungen sind somit auch anderen Berufsgruppen als Rechtsanwälten erlaubt. Dabei darf der Testamentsvollstrecker auch die Erbquoten ermitteln, die Gültigkeit von Vermächtnissen prüfen oder ein Testament auslegen. Handelt es sich um eine Verwaltungstestamentsvollstreckung, kann er alle mit der Verwaltung in Zusammenhang stehenden Fragen selbst beantworten. Eine unzulässige Rechtsdienstleistung liegt aber regelmäßig dann vor, wenn Tätigkeiten ausgeübt werden, die nicht mehr zum Bild des Testamentsvollstreckers gehören (so etwa die Lösung gesellschaftsrechtlicher Fragen, die Beratung über die Vermögensnachfolge, die Testamentsgestaltung oder die Anfertigung einer letztwilligen Verfügung).
I. Durch Rechtsanwälte
Rz. 136
Für den Rechtsanwalt ist die Übernahme des Amtes des Testamentsvollstreckers berufsrechtlich unproblematisch. Zu prüfen bleibt aber immer ein Verstoß gegen § 45 Abs. 2 Nr. 1 BRAO, wonach der Rechtsanwalt das Amt des Testamentsvollstreckers nicht ausüben kann, wenn er zuvor gegen den Träger des zu verwaltenden Vermögens tätig geworden ist. Gemäß § 45 Abs. 3 BRAO erstreckt sich dieses Verbot auch auf einen Sozius.
Rz. 137
Nach Beendigung des Amtes ist das Vertretungsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO zu beachten. In strafrechtlicher Konsequenz ist an die Anwendbarkeit des § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu denken.
Rz. 138
Bei der Vergütung ist zu beachten, dass insoweit grundsätzlich nicht die Vorschriften des RVG anzuwenden sind, falls der Erblasser nicht ausdrücklich Bezug auf sie genommen hat, § 1 Abs. 2 RVG. Möglich ist aber eine ausdrückliche oder stillschweigende Befreiung von § 181 BGB mit der Folge, dass der Rechtsanwalt als Testamentsvollstrecker sich in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt (etwa für eine Prozessführung) selbst beauftragen kann, sofern dies notwendig ist.
II. Durch Notare
Rz. 139
Ebenso wie beim Anwalt ist die Anordnung einer Testamentsvollstreckung durch den Notar grundsätzlich möglich. Gemäß § 8 Abs. 4 BNotO benötigt der Notar zur Ausübung des Amtes der Testamentsvollstreckung i.d.R. auch keine Genehmigung der Dienstaufsicht. Es handelt sich hierbei um ein privates Amt des Notars. Die amtliche Tätigkeit des Notars ist abschließend in den §§ 20 ff. BNotO geregelt, in denen die Testamentsvollstreckung nicht aufgeführt ist.
Rz. 140
Beurkundungsrechtlich zu beachten ist jedoch das Mitwirkungsverbot der §§ 27, 7 Nr. 1 BeurkG, wonach der Notar nicht an der Beurkundung einer letztwilligen Verfügung mitwirken darf, in der er selbst zum Testamentsvollstrecker eingesetzt wird. Ein Verstoß führt zur Unwirksamkeit der Beurkundung. Das Schicksal der Verfügung selbst richtet sich nach den §§ 139 und 2085 BGB.
Rz. 141
Ebenso wie beim Anwalt gelten hinsichtlich der Vergütung die allgemeinen Grundsätze und nicht das GNotKG.
III. Durch Steuerberater
Rz. 142
Das Berufsrecht der steuerberatenden Berufe hindert einen Erblasser nicht daran, durch Testament oder Erbvertrag einen Steuerberater zum Testamentsvollstrecker zu bestimmen. Ebenso wenig ist der Steuerberater berufsrechtlich gehindert, dieses Amt anzunehmen.
Zu beachten ist, dass gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 StBerG eine gewerbliche Tätigkeit mit dem Beruf des Steuerberaters nicht vereinbar ist. Als gewerbliche Tätigkeit in diesem Sinne ist etwa die Führung eines Einzelunternehmens zu sehen. In derartigen Fällen kommt aber eine Ausnahmegenehmigung der zuständigen Steuerberaterkammer gemäß § 57 Abs. 4 Nr. 1 Hs. 2 StBerG in Betracht, da bei der Ausübung der gewerblichen Tätigkeit eine Verletzung von Berufspflichten, insbesondere der Pflicht zur unabhängigen Berufsausübung, regelmäßig nicht zu befürchten ist.
Die Übernahme einer Testamentsvollstreckung ist für den Steuerberater berufliche Betätigung, solange er nicht beispielsweise aufgrund verwandtschaftlicher Nähe zum Erblasser erkennbar als Privatperson tätig ist. Wegen der Einordnung als berufliche Betätigung hat der Steuerberater alle berufsrechtlichen Pflichten nach dem StBerG und der BOStB zu beachten. Auch als Testamentsvollstrecker unterliegt der Steuerberater dem Sanktionssystem seines Berufsrechts, wie etwa dem Rügerecht der Steuerberaterkammer gemäß § 81 StBerG und der in den §§ 89 ff. StBerG geregelten Berufsgerichtsbarkeit.