Rz. 72
Im Rahmen der psychologischen Untersuchung steht das "Psychologische Untersuchungsgespräch" (PUG) im Mittelpunkt. Es dauert je nach Fragestellung in der Regel etwa 30 bis 60 Minuten und findet unter vier Augen statt. Bei Bedarf und im Einvernehmen mit dem Klienten kann jedoch auch ein beeidigter oder öffentlich bestellter und vereidigter Dolmetscher oder Übersetzer, der von der Begutachtungsstelle für Fahreignung bestellt wird, hinzugezogen werden. Die Kosten trägt in diesem Falle der Klient (vgl. Anlage 4a FeV).
Rz. 73
Das PUG gliedert sich in Vorbereitungsphase, Durchführungsphase sowie Auswertungs- und Rückmeldephase. Es dient der Datengewinnung und bezweckt im Gespräch mit dem Klienten eine Analyse des Problemverhaltens vor dem Hintergrund des epidemiologischen Wissens und der klinischen Erfahrungen zu Verhaltens- und Einstellungsänderungen insbesondere der Psychologie, der Medizin und der Verkehrswissenschaft. Dazu lenkt der Gutachter nach einer kurzen Kennenlernphase (Vorbereitungsphase) das Gespräch zielgerichtet zu einem gesteuerten, zielorientierten Interview (Durchführungsphase). In diesem stellt er anlassbezogene Fragen, um zu einer möglichst zuverlässigen Einschätzung des Klienten zu gelangen, ohne jedoch seine gesamte Persönlichkeit zu bewerten. Das psychologische Untersuchungsgespräch befasst sich also lediglich mit den für die Beantwortung der behördlichen Fragestellung nötigen Aspekten des Verhaltens und der Einstellungen des Klienten. Dabei sind zwei formale Aspekte von besonderer Bedeutung, nämlich die möglichst hohe Transparenz für den Klienten einerseits und die möglichst offene Kooperation des Klienten andererseits, insgesamt also ein möglichst hoher Grad an Vertrauen zwischen Klient und Gutachter.
Rz. 74
Die vier Kriterien für die Güte des psychologischen Untersuchungsgesprächs (PUG) sind folgendermaßen definiert (vgl. Beurteilungskriterien):
Zitat
Kriterium 1: |
"Planung, Durchführung und Auswertung des PUG folgen theoretisch begründeten Standards." |
Kriterium 2: |
"Die Durchführung des Untersuchungsgesprächs entspricht hinsichtlich des Umfangs, des methodischen Vorgehens und der erörterten Sachverhalte dem Untersuchungsanlass und der Fragestellung der Behörde." |
Kriterium 3: |
"Die relevanten Inhalte des PUG werden im Gutachten verständlich und nachvollziehbar wiedergegeben." |
Kriterium 4: |
"Die Berücksichtigung der Befunddaten in der Befundwürdigung erfolgt nachvollziehbar, sachlich angemessen und hinreichend umfangreich." |
a) Transparenz
Rz. 75
Die Gutachter versuchen, für den Klienten einen möglichst hohen Grad an Transparenz in der Untersuchung herzustellen. Dazu gehört, dass dem Klienten zu Beginn der Umfang und die Ziele der Untersuchung dargelegt werden. Zu den Zielen gehört insbesondere, gemeinsam die Bedenken und Zweifel der Behörde an der Eignung zum Führen von (Kraft-)Fahrzeugen zurückzuweisen. Außerdem wird der Gutachter im Gespräch regelmäßig Rückmeldung darüber geben, wie bestimmte Darlegungen des Klienten bewertet und im Gutachten verwertet werden. Ausdrücklich nicht beabsichtigt ist es, dem Klienten z.B. gewissermaßen Fallen zu stellen und das Ergebnis erst mit dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. So sind die Gutachter u.a. auch angehalten, den Klienten offen auf sich ergebende Widersprüche anzusprechen, um diese nach Möglichkeit zu klären. Soweit wie möglich und insbesondere ohne den Grundsatz der Neutralität zu verletzen, soll die kontinuierliche Rückmeldung helfen, Missverständnisse zu vermeiden.
Rz. 76
Die Rückmeldungen über die Bewertung der Angaben des Klienten sollen über die gesamte Untersuchung hinweg erfolgen, bis hin zur angemessenen Sachstandsmitteilung am Ende der Untersuchung (Auswertungs- und Rückmeldephase). Letzteres kann jedoch oft vorerst nur mit Vorbehalten erfolgen, da z.B. die Ergebnisse bestimmter Laboruntersuchungen erst einige Tage nach der Untersuchung feststehen.
b) Kooperation
Rz. 77
Um die Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde ausräumen zu können, ist im psychologischen Untersuchungsgespräch ein Mindestmaß an Kooperation und Mitarbeit des Klienten erforderlich. Weigert er sich, die notwendigen Angaben zu machen, oder ist das Maß der zu fordernden Offenheit nicht erreicht, können die Angaben des Klienten nicht verwertet und somit nicht als Argumentation zur Widerlegung von Eignungszweifeln verwendet werden. Eine derartig falsche Einstellung des Klienten zur Untersuchung führt genau zu dem, was er vermeiden möchte, nämlich zu einem Gutachten, in dem die Eignungszweifel unwiderlegt bestehen bleiben müssen. Darüber hinaus ist der Gutachter mangels verwertbarer Befunde nicht in der Lage, eine fundierte Diagnose der zugrunde liegenden Problematik zu stellen und daraus abgeleitete Empfehlungen zu formulieren.
c) Bewertung der Befunde: Urteilsbildung
Rz. 78
Inhaltlich geht es bei der Untersuchung nicht nur um die V...