Rz. 149
Ausgangspunkt der Problematik von "Alkohol am Steuer" ist die Tatsache, dass Alkoholmissbrauch ein Faktor im Rahmen der Unfallverursachung ist, der grundsätzlich gut abgrenzbar von anderen Ursachen ist und deshalb – zumindest theoretisch – einen relativ leicht zu verhindernden Gesichtspunkt darstellt. Gemeint ist, dass z.B. Fehler beim Überholen eingebettet sind in ein sehr komplexes Geschehen. Dieses wird konstituiert vom dynamischen Verhalten zumindest zweier, oft von drei oder noch mehr Verkehrsteilnehmern, von deren Können und Zustand (inklusive Alkoholbeeinflussung) sowie von weiteren Faktoren, wie z.B. Straßenverhältnissen, Wetter, Lichtverhältnissen, allgemeinen und streckenbezogenen Ge- und Verboten. Daran wird deutlich, dass die Reduzierung der Zahl von Unfällen beim Überholen an sehr vielen Stellen und Faktoren ansetzen müsste, um sie zu erreichen.
Rz. 150
Die Unfallursache Alkohol dagegen ist schlicht eliminiert, wenn alle Fahrer nüchtern oder mit höchstens geringen Alkoholmengen am Verkehr teilnehmen würden. Dies zu erreichen, ist in der Regel für die meisten Verkehrsteilnehmer offensichtlich kein Problem. Dennoch ist Alkohol eine relativ häufige Unfallursache. Nach der amtlichen Unfall-(Ursachen-)Statistik steigt der Anteil von Unfällen, bei denen mindestens einer der Beteiligten unter dem Einfluss von Alkohol stand, mit der Schwere der Unfallfolge (vgl. Tabelle 19.3).
Tab. 19.3: Unfallfolgen bei Alkoholunfällen in Deutschland 2022
|
insgesamt |
davon Alkoholunfälle |
% |
Unfälle mit Personenschaden |
289.672 |
16.807 |
5,8 |
Verunglückte |
|
|
insgesamt |
363.922 |
20.360 |
5,6 |
|
Getötete |
2.788 |
242 |
8,7 |
|
Schwerverletzte |
57.727 |
5.016 |
8,7 |
|
Leichtverletzte |
303.407 |
15.102 |
5,0 |
Unfälle mit Sachschaden |
2.116.793 |
21.964 |
0,8 |
Rz. 151
Im Jahr 2022 wurden insgesamt 2.406.465 Verkehrsunfälle von der Polizei aufgenommen, davon 289.672 mit Personenschaden. Bei 16.807 davon wurde die Alkoholisierung von mindestens einem Beteiligten festgestellt. Zwar nimmt die Zahl der Alkoholunfälle seit 1995 kontinuierlich ab und auch die Zahl der durch Alkoholunfälle Getöteten und Verletzten sinkt stetig, dennoch bleibt die Prävention von Alkoholfahrten ein vorherrschendes Thema zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Insbesondere, da die Zahl der Verletzten 2022 offensichtlich deutlich gestiegen ist (+22 % ggü. 2015). Als Stichwort sei hier die schon Jahre andauernde Diskussion zur Einführung von Alkohol-Interlock-Systemen (sogenannte alkoholsensible Wegfahrsperren) und die Absenkung der Promillegrenze auf 1,1 ‰ für die Anordnung einer MPU nach der ersten Trunkenheitsfahrt genannt (vgl. § 21 Rdn 21 ff.).
Rz. 152
Im Zusammenhang mit der Unfallstatistik muss abschließend betont werden, dass jedes 12. Todesopfer im Straßenverkehr und jeder 17. Unfall mit Personenschaden vermeidbar wäre, wenn Alkohol als Unfallursache ausgeschlossen werden könnte.