Rz. 141
Insbesondere in § 10 FeV (Mindestalter), § 11 FeV (Eignung), § 13 FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik), § 13a FeV (Klärung von Eignungszweifeln bei Cannabisproblematik) und § 14 FeV (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel) sind die Untersuchungsanlässe für eine MPU beschrieben.
Rz. 142
In welchem Umfang diese und weitere Anlässe den in den Begutachtungsstellen für Fahreignung durchgeführten Untersuchungen zugrunde lagen, gibt Abbildung 19.4 für das Jahr 2023 wieder
Abb. 19.4: Relative Anteile der Untersuchungsanlässe 2023
Rz. 143
Deutschlandweit wurden 2023 insgesamt 82.261 Medizinisch-Psychologische Untersuchungen durchgeführt. Der Großteil davon beschäftigte sich mit im Straßenverkehr auffällig gewordenen Kraftfahrern (Alkohol, Drogen oder Verkehrsdelikte). Diese bilden auch die relevantesten Zielgruppen der MPU. Daher wird im weiteren Verlauf näher auf diese Untersuchungsanlässe eingegangen.
Rz. 144
Gut ein Drittel (38 %) aller Untersuchungen wurde nach Alkoholauffälligkeiten veranlasst. Daneben stehen mit 33 % fast ebenso viele Auffälligkeiten mit Drogen oder Medikamenten, und immerhin 17 % aller Begutachtungen entfielen auf Klienten mit hohem Punktestand.
Rz. 145
Präventive Untersuchungen von Bewerbern bzw. zur Verlängerung von Fahrerlaubnissen zur Fahrgastbeförderung (Taxi-/Busfahrer), die auch ohne Aufforderung der Fahrerlaubnisbehörde stattfinden und überdies von anderen Stellen angeboten werden dürfen, sind hier nicht einbezogen. Sie sind auch keine MPU im eigentlichen Sinne, sondern lediglich eine (medizinische und) psychologische Überprüfung der Voraussetzungen zur Fahrgastbeförderung (gemäß Anlage 5 und Anlage 6 FeV).
Rz. 146
Die Entwicklung der relativen Anteile der größten Anlassgruppen der MPU ist in Abbildung 19.5 wiedergegeben.
Abb. 19.5: Entwicklung der relativen Anteile von Alkohol-, Drogen-/Medikamenten- und Verkehrsdelikten als MPU-Anlässe
Rz. 147
Insgesamt sind die Zahlen der Medizinisch-Psychologischen Untersuchungen rückläufig. Auch die Zusammensetzung der Untersuchungsanlässe verändert sich. Der Anteil an Alkoholfragestellungen ist stark gesunken. Dies liegt vor allem am starken Rückgang der Erstauffälligen, während Fragestellungen in Bezug auf Drogen- und Medikamentenauffälligkeiten stark zunehmen. Diese sind inzwischen sogar fast ebenso häufig Grund für eine MPU wie Alkoholauffälligkeiten.
1. Alkohol
Rz. 148
Wie den obigen Zahlen zu entnehmen ist, bilden die Klienten, die unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen haben, die größten Zielgruppen. Dies ist wenig verwunderlich, stellt Alkohol in Deutschland doch eine "legale Droge" dar und genießt somit ein hohes gesellschaftliches Ansehen. Die Anlässe, Alkohol zu konsumieren, sind vielfältig und umfassen u.a. das Anstoßen auf eine gute Leistung oder den Abschluss eines Projekts, die Geburtstagsfeier des Freundes, aber auch das "Frustsaufen". Prinzipiell ist gegen den Genuss von Alkohol auch nichts einzuwenden. Die mangelnde Fähigkeit oder Bereitschaft, den Alkoholkonsum und die Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen hingegen stellt ein großes Problem dar (siehe Abbildung 19.6).
Abb. 19.6: Entwicklung der absoluten Zahlen von Alkoholauffälligen
a) Amtliche Unfallstatistik
Rz. 149
Ausgangspunkt der Problematik von "Alkohol am Steuer" ist die Tatsache, dass Alkoholmissbrauch ein Faktor im Rahmen der Unfallverursachung ist, der grundsätzlich gut abgrenzbar von anderen Ursachen ist und deshalb – zumindest theoretisch – einen relativ leicht zu verhindernden Gesichtspunkt darstellt. Gemeint ist, dass z.B. Fehler beim Überholen eingebettet sind in ein sehr komplexes Geschehen. Dieses wird konstituiert vom dynamischen Verhalten zumindest zweier, oft von drei oder noch mehr Verkehrsteilnehmern, von deren Können und Zustand (inklusive Alkoholbeeinflussung) sowie von weiteren Faktoren, wie z.B. Straßenverhältnissen, Wetter, Lichtverhältnissen, allgemeinen und streckenbezogenen Ge- und Verboten. Daran wird deutlich, dass die Reduzierung der Zahl von Unfällen beim Überholen an sehr vielen Stellen und Faktoren ansetzen müsste, um sie zu erreichen.
Rz. 150
Die Unfallursache Alkohol dagegen ist schlicht eliminiert, wenn alle Fahrer nüchtern oder mit höchstens geringen Alkoholmengen am Verkehr teilnehmen würden. Dies zu erreichen, ist in der Regel für die meisten Verkehrsteilnehmer offensichtlich kein Problem. Dennoch ist Alkohol eine relativ häufige Unfallursache. Nach der amtlichen Unfall-(Ursachen-)Statistik steigt der Anteil von Unfällen, bei denen mindest...