a) Unsicherheit über vorrangige Rechtsverhältnisse
Rz. 66
Für verschiedene Fälle, die in der Praxis selten sind, ordnet das Gesetz in § 2043 BGB den Aufschub der Auseinandersetzung an: wenn die Erbteile wegen
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der zu erwartenden Geburt eines Miterben, |
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eines noch offenen Antrags über eine Annahme an Kindes statt oder |
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der noch ausstehenden Genehmigung einer vom Erblasser errichteten Stiftung |
noch unbestimmt sind.
Rz. 67
Tod des nichtehelichen Vaters vor der Vaterschaftsfeststellung: War beim Tode des Vaters bereits eine Klage zur Feststellung der Vaterschaft rechtshängig, so tritt Erledigung des Rechtsstreits gem. §§ 169 ff., 181 FamFG ein (Monatsfrist des § 181 FamFG beachten!).
Nach dem Tode des Vaters kann die Feststellung auf Antrag des Kindes oder der Mutter beim Familiengericht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfolgen gem. § 181 FamFG.
Rz. 68
Ein Nachlassauseinandersetzungsverbot bezüglich des Nachlasses des Vaters ist in § 2043 BGB für den Fall der nicht abgeschlossenen Vaterschaftsfeststellung nicht vorgesehen. Ob eine analoge Anwendung in Betracht kommt, ist streitig. Allenfalls könnte im Rahmen von § 242 BGB die Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs aus § 2042 BGB für eine gewisse Zeit ausgeschlossen sein.
b) Vorwegerfüllung der Nachlassverbindlichkeiten
Rz. 69
Bevor der Nachlass geteilt wird, sind die Nachlassverbindlichkeiten zu tilgen. Dies hat Bedeutung vor dem Hintergrund, dass nach der Erbteilung eine Nachlassverwaltung als Haftungsbeschränkungsmaßnahme gem. § 2062 Hs. 2 BGB nicht mehr angeordnet werden kann und jeder Miterbe somit nach § 2058 BGB gesamtschuldnerisch auch mit seinem Eigenvermögen (also unbeschränkt) haftet.
Lebte der Erblasser in Zugewinngemeinschaft, so kann im Zusammenhang mit der Vorwegerfüllung der Zugewinnausgleichsforderung als einer zu begleichenden Nachlassverbindlichkeit (§ 2046 BGB) der überlebende Ehegatte bzw. eingetragene Lebenspartner die Übertragung von Nachlassgegenständen nach § 1383 BGB, § 264 FamFG durch Entscheidung des Familiengerichts verlangen.
Hat der Erblasser als Mitglied einer Personengesellschaft seinen künftigen Auseinandersetzungsanspruch abgetreten, so bindet diese Abtretung seine Erben.
c) Nicht fällige Nachlassverbindlichkeiten
Rz. 70
Bei nicht fälligen oder streitigen Verbindlichkeiten kann jeder Miterbe verlangen, dass das Erforderliche zurückbehalten wird, § 2046 Abs. 1 BGB. Besteht nur unter den Miterben Streit darüber, ob eine Verbindlichkeit besteht, so reicht dies aus, um entsprechende Mittel zurückzubehalten. Dasselbe gilt auch für Streitigkeiten über Ausgleichungspflichten nach §§ 2050 ff. BGB.
Die zurückbehaltenen Mittel bleiben gemeinschaftlich auch nach der Teilung der übrigen Nachlassgegenstände. Insofern besteht nur Anspruch auf eine teilweise Auseinandersetzung des Nachlasses. Praktische Bedeutung gewinnt das Problem der Zurückbehaltung von Nachlassmitteln bei einer zu erwartenden steuerrechtlichen Nachveranlagung des Erblassers.
d) Noch offenes Gläubigeraufgebot
Rz. 71
Jeder Miterbe kann den Aufschub der Auseinandersetzung verlangen, bis ein Gläubigeraufgebotsverfahren abgeschlossen ist, § 2045 BGB. Dies ist konsequent, denn gem. § 2046 BGB sind vor der Erbteilung die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen. Solange sie aber nicht zuverlässig bekannt sind, können die Erben dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Verletzen die Erben die vorgängige Verpflichtung auf Erfüllung der Nachlassverbindlichkeiten, droht ihnen das Gesetz eine strenge Sanktion an: Nach erfolgter Erbteilung können sie die Haftungsbeschränkungsmaßnahme der Nachlassverwaltung (§§ 1975 ff. BGB) nicht mehr ergreifen; ein entsprechender Antrag kann danach nicht mehr gestellt werden, § 2062 Hs. 2 BGB.
Es gelten die Aufgebotsvorschriften der §§ 433 ff. FamFG.
Rz. 72
Hinweis
Schon wegen der strengen Sanktion des § 2062 Hs. 2 BGB und einer evtl. Schadensersatzpflicht gegenüber den Nachlassgläubigern aus § 1980 Abs. 2 BGB bzw. den Erben aus § 2219 BGB sollte der Rechtsberater eines Miterben und/oder eines Testamentsvollstreckers/Nachlassverwalters die Möglichkeit des Gläubigeraufgebots in Erwägung ziehen. Haftungsschuldner für die Gerichtskosten ist der Antragsteller, § 49 S. 1 GKG. Die Kosten des Aufgebotsverfahrens sind Nachlassverbindlichkeiten und Masseschulden im Insolvenzverfahren, § 324 Abs. 1 Nr. 4 InsO, und fallen deshalb im Innenverhältnis allen Erben zur Last.
Rz. 73
Unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag könnten dem das Aufgebotsverfahren betreibenden Miterben die anderen Miterben zum Ers...