a) Jederzeit fälliges Auseinandersetzungsverlangen
Rz. 12
Die Mitglieder einer Erbengemeinschaft sind nicht aufgrund freien Willensentschlusses Teilhaber eines Sondervermögens, des Nachlasses, geworden; vielmehr hat das Gesetz in §§ 1922, 2032 BGB dies so angeordnet. Dieser zwangsweisen Einbindung in eine "Zufallsgemeinschaft" ohne eigenes Zutun auf der einen Seite – wenn man von der Möglichkeit der Erbschaftsausschlagung absieht – steht andererseits das Recht jedes einzelnen Miterben gegenüber, zu jeder Zeit die Auflösung dieser Gemeinschaft verlangen zu können.
Zentrale Vorschrift ist § 2042 Abs. 1 BGB, wonach jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung des Nachlasses verlangen kann, soweit nichts anderes bestimmt ist.
Rz. 13
Den Auseinandersetzungsanspruch, den das Gesetz jedem Miterben – auch demjenigen, der nur einen minimalen Anteil hat – zugesteht, kann er notfalls mit einer Klage auf Zustimmung zu einem Aufteilungsvertrag (= Teilungsplan) geltend machen.
Die in § 2042 Abs. 1 BGB normierte Anspruchsgrundlage geht demnach auf Abgabe einer Willenserklärung, nämlich auf Zustimmung zu einem Vertrag, dessen Inhalt im Einzelnen noch festzustellen ist. Das rechtskräftige Urteil ersetzt die Zustimmungserklärung nach § 894 ZPO. Der Teilungsplan zielt darauf ab, bei jedem Miterben im Ergebnis Einzeleigentum an den zum Nachlass gehörenden Gegenständen entstehen zu lassen, also die Überführung des Miteigentums in der Variante des Gesamthandseigentums in Alleineigentum.
Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich mit den gesetzlichen Anspruchsgrundlagen für eine Erbauseinandersetzung, wenn sich die Miterben über die Erbteilung nicht einigen können.
b) Die redaktionelle Konkretisierung des kausalen Rechtsverhältnisses
Rz. 14
Da es kein abstraktes kausales Rechtsverhältnis gibt, muss die Anspruchsgrundlage des § 2042 Abs. 1 BGB als gesetzliche causa redaktionell konkretisiert werden. Dabei geht das Gesetz auf zweierlei Weise vor:
1. Verweisung auf das Recht der Bruchteilsgemeinschaft in § 2042 Abs. 2 BGB,
2. Detaillierte Regelung der Besonderheiten des Erbengemeinschaftsrechts in §§ 2043 bis 2057a BGB.
c) Inhalt des kausalen Rechtsverhältnisses
Rz. 15
Die den geschuldeten dinglichen Rechtsgeschäften zugrunde liegenden Einzelregelungen des kausalen Schuldverhältnisses ergeben sich, soweit sich die Miterben nicht geeinigt haben, aus den gesetzlichen Teilungsvorschriften. Deshalb muss der eingeklagte Teilungsplan exakt diesen gesetzlichen Regeln entsprechen, weil auf eine andere Rechtsfolge kein Anspruch besteht. Der Richter hat deren Voraussetzungen zu prüfen und kann nur entweder der Klage stattgeben, wenn alle Auseinandersetzungserfordernisse erfüllt sind, oder aber die Klage abweisen, wenn sie nicht vollständig erfüllt sind. Würde er eine andere als die eingeklagte Aufteilung zusprechen, so würde er ein "aliud" geben – nicht ein minus –, was prozessrechtlich nicht zulässig wäre.