I. Anspruchsgrundlage für die Erbteilung
1. Ausgangspunkt
Rz. 57
Zentrale Vorschrift des Rechts über die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ist § 2042 BGB. Nach dessen Abs. 1 kann jeder Miterbe – zu denen seit 1.4.1998 kraft Gesetzes auch nichteheliche Kinder am Nachlass des Vaters gehören – grundsätzlich jederzeit die Auseinandersetzung verlangen. Ausnahmen von diesem Grundsatz ergeben sich aus
▪ |
dem Gesetz, |
▪ |
Vereinbarungen unter den Miterben, |
▪ |
Anordnungen des Erblassers. |
Erbengemeinschaften sind "geborene" Liquidationsgemeinschaften.
Der einzelne Miterbe erfüllt demnach eine Verbindlichkeit, wenn er bei der Auseinandersetzung mitwirkt.
2. Begriffe
a) Nachlassauseinandersetzung – Erbteilung
Rz. 58
Von Nachlassauseinandersetzung spricht man, wenn der Nachlass abgewickelt und aufgeteilt wird. Dazu gehören die Bereinigung des Nachlasses von Nachlassverbindlichkeiten und die Verwertung von Nachlassgegenständen, um liquide Mittel für die Befriedigung von Nachlassgläubigern zu erhalten. Die Erbteilung beinhaltet die Aufteilung des reinen Aktivnachlasses unter den Miterben, § 2047 BGB.
So sieht das Gesetz eine strenge Reihenfolge vor: Zunächst sind die Nachlassverbindlichkeiten zu erfüllen, vgl. §§ 2046, 755, 756, 2042 Abs. 2 BGB. Erst danach ist der so bereinigte Nachlass unter den Miterben aufzuteilen.
Grundpfandrechtlich gesichertes Festzinsdarlehen: Ist für ein vom Erblasser aufgenommenes Darlehen eine feste Verzinsung vereinbart und besteht eine durch Grundpfandrecht gewährte Sicherheit, so können die Erben gem. § 490 Abs. 2 BGB das Darlehen kündigen, wenn sie ein berechtigtes Interesse für eine anderweitige Verwertung des beliehenen Grundstücks haben. Ein solches berechtigtes Interesse kann angenommen werden, wenn das Objekt zur Vorbereitung der Erbteilung veräußert werden soll. Die Erben schulden dann jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung.
b) Hinweis: Haftungsgefahr
Rz. 59
Werden die Nachlassverbindlichkeiten vor der Teilung des Nachlasses nicht erfüllt, so sieht das Gesetz dafür eine strenge Sanktion vor: Gemäß § 2062 Hs. 2 BGB kann nach Vornahme der Erbteilung keine Nachlassverwaltung mehr beantragt werden. Das bedeutet: Für einen zulänglichen Nachlass können die Miterben keine Haftungsbeschränkung mehr herbeiführen. Und das bedeutet wiederum, dass sie gem. § 2058 BGB in diesem Falle unbeschränkt und gesamtschuldnerisch haften. Für einen unzulänglichen Nachlass gilt dies nicht. Nachlassinsolvenz kann auch nach der Teilung noch beantragt werden, § 317 InsO. Nach § 2045 BGB kann jeder Miterbe zunächst die Klärung der Schulden mittels eines Gläubigeraufgebots verlangen, bevor geteilt wird.
c) Vorsorge für unsichere Verbindlichkeiten
Rz. 60
Bei nicht fälligen oder streitigen Verbindlichkeiten kann jeder Miterbe verlangen, dass das Erforderliche zurückbehalten wird, § 2046 Abs. 1 BGB. Besteht nur unter den Miterben Streit darüber, ob eine Verbindlichkeit besteht, so reicht dies aus, um entsprechende Mittel zurückzubehalten. Dasselbe gilt auch für Streitigkeiten über Ausgleichungspflichten nach §§ 2050 ff. BGB.
Die zurückbehaltenen Mittel bleiben gemeinschaftlich auch nach der Teilung der übrigen Nachlassgegenstände. Insofern besteht nur Anspruch auf eine teilweise Auseinandersetzung des Nachlasses. Praktische Bedeutung gewinnt das Problem der Zurückbehaltung von Nachlassmitteln bei von den Erben zu erfüllenden nachehelichen Unterhaltsverbindlichkeiten (§ 1586b BGB), bei einer zu erwartenden steuerrechtlichen Nachveranlagung des Erblassers und bei einer als Vermächtnis ausgesetzten lebenslangen Rente. In letzterem Fall hat das OLG Koblenz einen Sicherungseinbehalt für eine maximal mögliche Lebenserwartung von 120 Jahren für gerechtfertigt angesehen.
3. Endziel der Erbauseinandersetzung
a) Aus Miteigentum wird Alleineigentum
Rz. 61
Da die gemeinschaftlichen Gegenstände am Ende der Auseinandersetzung nicht mehr im gemeinschaftlichen gesamthänderisch gebundenen Eigentum, sondern im jeweiligen Alleineigentum bzw. in alleiniger Rechtsinhaberschaft des einzelnen Miterben stehen dürfen, ist eine dingliche Rechtsübertragung zur Erreichung dieses Ziels erforderlich.
Auch der Wechsel von der Gesamthandsgemeinschaft in eine Bruchteilsgemeinschaft ist eine Rechtsübertragung, die bei einem Nachlassgrundstück der Auflassung bedarf.
Gelingt eine solche Übertragung nicht einvernehmlich unter den Miterben, so gibt § 2042 Abs. 1 BGB eine Anspruchsgrundlage für eine Klage, die auf Zustimmung zu den entsprechenden Einigungsverträgen und Vornahme der erforderlichen Rechtshandlungen (bspw. Herausgabe) gerichtet ist. Die Summe der dinglichen Ve...