Rz. 195
Damit die Auseinandersetzung ordnungsgemäß vorgenommen werden kann, gewährt § 2057 BGB einen Anspruch auf Auskunft über ausgleichungspflichtige Vorempfänge (Ausstattungen, §§ 2050 Abs. 1, 1624 BGB; Schenkungen, §§ 2050 Abs. 3, 516 BGB; Zuschüsse zum Einkommen, § 2050 Abs. 2 BGB; Aufwendungen für die Berufsausbildung, § 2050 Abs. 2 BGB), nicht auch für andere Zuwendungen; dem Miterben steht gegen einen anderen Miterben hinsichtlich unentgeltlicher Zuwendungen des Erblassers kein allgemeiner Auskunftsanspruch nach Treu und Glauben zu. In der Praxis ist auch zu fragen nach erlassenen Schulden (Erlassvertrag = verfügendes Rechtsgeschäft, § 397 BGB), deren Kausalgeschäft ebenfalls eine ausgleichungspflichtige Zuwendung (Ausstattung oder Schenkung) sein kann (vgl. hierzu im Einzelnen § 9 Rdn 317 ff.).
Das Verfahren für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung richtet sich nach §§ 410 ff. FamFG.
aa) Gläubiger und Schuldner des Auskunftsanspruchs
Rz. 196
Gläubiger ist jeder Miterbe. Aber auch der Testamentsvollstrecker, zu dessen Aufgabe die Auseinandersetzung des Nachlasses gehört, kann Auskunft verlangen, weil er andernfalls eine ordnungsgemäße Auseinandersetzung nicht vornehmen könnte. Schuldner des Auskunftsanspruchs sind die nach §§ 2050 ff. BGB Ausgleichungsverpflichteten und auch ein nichterbender pflichtteilsberechtigter Abkömmling.
bb) Inhalt des Auskunftsanspruchs
Rz. 197
Nicht über jede Zuwendung ist Auskunft zu geben, sondern nur über solche, die auch der Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB unterliegen. Anzugeben sind solche Zuwendungen, die nach ihren generellen Eigenschaften, also auch nur möglicherweise, von den Ausgleichungsvorschriften erfasst werden. Die Wertung, ob eine Zuwendung ausgleichungspflichtig ist oder nicht, kann nicht dem Empfänger allein überlassen bleiben. Deshalb hat er im Zweifel auch über solche Zuwendungen Auskunft zu erteilen, die er als nicht ausgleichungspflichtig ansieht (z.B. sog. Pflicht- und Anstandsschenkungen).
Rz. 198
Nach h.M. ist – noch auf der Grundlage zweier RG-Entscheidungen – eine zeitlich und gegenständlich unbeschränkte "Totalaufklärung" geschuldet.
Über folgende lebzeitige Zuwendungen ist – entsprechend der Verweisung in § 2057 BGB auf die §§ 2050 ff. BGB – Auskunft zu erteilen:
cc) Wertangaben
Rz. 199
Angaben zum Wert sind allenfalls auf der Grundlage von § 242 BGB zu machen, vor allem über wertbildende Faktoren eines zugewendeten Gegenstands. Ein Anspruch auf Erstellung und Vorlage eines (Sachverständigen-)Wertgutachtens besteht allenfalls unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Die Kosten dafür würde der an dem Gutachten interessierte Auskunftsgläubiger zu tragen haben.
dd) Vorläufiger Rechtsschutz für das Auskunftsverlangen
Rz. 200
Eine einstweilige Verfügung auf Auskunft ist grundsätzlich unzulässig. Dieser Grundsatz wird ausnahmsweise nur dann durchbrochen, wenn die Durchsetzung oder wenigstens die Sicherung des der Auskunft nachfolgenden Hauptanspruchs für den Antragsteller von existenzieller Bedeutung ist und dieser nicht ohne die sofortige Auskunftserteilung geltend gemacht werden kann.
ee) Prozessuales
(1) Urkundenvorlage durch Dritte
Rz. 201
Nach § 142 ZPO kann das Gericht – ggf. unter Fristsetzung – von Amts wegen die Vorlage von Urkunden nicht nur durch die Parteien, sondern auch durch Dritte anordnen, sofern dem Dritten dies zumutbar ist und er kein Zeugnisverweigerungsrecht hat. Zwangsmittel stehen gegenüber dem Dritten wie gegenüber einem Zeugen zur Verfügung. Bei Erbteilungsklagen ist die Kenntnis über ausgleichungspflichtige Vorempfänge von großer Wichtigkeit (§§ 2050 ff., 1624 BGB). Urkunden sind generell zuverlässigere Beweismittel als Zeugenaussagen. Deshalb ist es für eine beweispflichtige Partei von Vorteil, wenn ein Dritter schriftliche Unterlagen, bspw. einen Überweisungsbeleg, vorlegen kann. Dritter kann auch der zuständige Mitarbeiter einer Bank sein, die Kontounterlagen wenigstens in der Form von Mikrofilmen besitzt.