1. Begriff
Rz. 279
Unter der Abschichtung von Miterben oder eines einzelnen Miterben versteht man eine teilweise Auseinandersetzung des Nachlasses in personeller Hinsicht. Sie kommt in der Praxis häufig vor. Der BGH hat die Möglichkeit einer Abschichtung in seinem Urt. v. 21.1.1998 ausdrücklich anerkannt.
Der Abzuschichtende erhält einzelne Nachlassgegenstände übertragen, die dem Wert seines Anteils entsprechen. Bleiben sie unter diesem Wert, so zahlen die verbleibenden Erben einen Ausgleich. Damit beinhaltet diese Art der personellen Teilauseinandersetzung gleichzeitig eine gegenständliche Teilauseinandersetzung.
2. Abschichtung durch Erbteilsübertragung
Rz. 280
Das Ausscheiden des "weichenden" Miterben kann dadurch geschehen, dass er seinen Anteil den verbleibenden Erben nach § 2033 BGB überträgt (zur Berichtigung des Grundbuchs nach Erbteilsübertragung siehe § 10 Rdn 256 ff.). Auf diese Weise wächst sein Erbteil den anderen Miterben analog §§ 1935, 2094 BGB an. Die Erbengemeinschaft umfasst damit nur noch die verbleibenden Miterben. Die Übertragung des Erbteils nach § 2033 BGB ist der entschieden sicherere Weg.
Rz. 281
Dem steht allerdings die Meinung gegenüber, ein Ausscheiden eines Miterben könne auch ohne Erbteilsübertragung erfolgen. Dies geschehe in der Weise, dass sich alle Erben über das Ausscheiden des Betroffenen einig sind und auf diesen Nachlassgegenstände übertragen. Das Kammergericht hat dies direkt dem Gesetz entnommen, heute wird § 738 BGB analog angewandt (vgl. dazu Rdn 282 ff.).
3. Abschichtung ohne Erbteilsübertragung
a) Praktische Bedeutung
Rz. 282
Die Abschichtung ohne Erbteilsübertragung ist die in der Praxis am häufigsten vorkommende Form. Die Miterben einigen sich darauf, dass der Abzuschichtende mit dem Erhalt bestimmter Nachlassgegenstände aus der Erbengemeinschaft ausscheidet und diese unter den verbleibenden Miterben weiter besteht. Dabei stellt sich die Frage, ob der Ausscheidende überhaupt ohne Erbteilsübertragung aus der Erbengemeinschaft ausscheidet.
b) Rechtsnatur des Abschichtungsvertrages
Rz. 283
In der Literatur werden zwei Lösungsmöglichkeiten diskutiert:
▪ |
Das Ausscheiden nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen und |
▪ |
der Verzicht auf den Erbteil. |
Dabei wird der Verzicht neben der Veräußerung als eigenständiges Rechtsinstitut angesehen und wie eine Verfügung nach § 2033 BGB behandelt.
Rz. 284
Der BGH hat schon in seinem Urt. v. 11.3.1968 – III ZR 223/65 – eine andere Möglichkeit des Ausscheidens eines Miterben erörtert: Der abzuschichtende Miterbe erhält aus dem Nachlass bestimmte Nachlassgegenstände übertragen, mit denen er sich für abgefunden erklärt, und überträgt seinerseits den anderen Erben dasjenige, was ihm bei der Auseinandersetzung zukommen würde.
Rz. 285
Diese Rechtsprechung hat der BGH in einem Urt. v. 21.1.1998 bestätigt:
Zitat
Ein Miterbe kann auch aus einer Erbengemeinschaft, zu der ein Grundstück gehört, formfrei im Wege der Abschichtung ausscheiden. Ob seine Abfindung aus dem Nachlass oder aus dem Privatvermögen des (oder der) anderen Erben geleistet wird, ist für die Formbedürftigkeit des Ausscheidens nicht von Bedeutung.
Wenn als Abfindung aber die Leistung eines Gegenstands vereinbart wird, der nur durch ein formbedürftiges Rechtsgeschäft übertragen werden kann (etwa ein Grundstück), ist die für dieses Rechtsgeschäft geltende Form zu beachten (§ 313 S. 1 BGB).
Rz. 286
Reimann nennt dies den "dritten Weg" der Erbauseinandersetzung. Der BGH betrachtet den Abschichtungsvertrag als formfrei mögliche Erbauseinandersetzung gem. § 2042 BGB, deren dingliche Wirkung über die Anwachsung analog § 738 BGB eintritt. Damit wächst das nach Abschichtung verbleibende Nachlassvermögen den übrigen Miterben in Erbengemeinschaft an.
Häufig wird es sich bei der Abschichtung um eine personelle und gegenständliche Teilauseinandersetzung handeln. Verbleibt aber nur noch ein Miterbe, so ist der ganze Nachlass damit auseinandergesetzt.
Mit dem Abschichtungsvertrag wird ein mehrseitiger Austauschvertrag geschlossen. Es gelten über § 2042 Abs. 2 BGB die Vorschriften des Kaufrechts § 433 i.V.m. §§ 323 ff. BGB.