1. Allgemeines
Rz. 307
Die Erbengemeinschaft entsteht kraft Gesetzes ohne Zutun der Miterben als "Zufallsgemeinschaft". Rechtsgeschäftlich könnte eine Gesamthandsgemeinschaft mit der Organisationsstruktur der Erbengemeinschaft nicht begründet werden. Um vor allem den Nachlassgläubigern den Nachlass als Haftungssubstrat wertmäßig zu erhalten und zur Erhaltung der Verwaltungseinheit und -zuständigkeit, ordnet das Gesetz Nachlasssurrogate kraft Gesetzes – unabhängig vom Willen der Handelnden – dem Sondervermögen Nachlass zu.
Rz. 308
Grundstücke als Surrogate für verkaufte Immobilien sind vor allem bei landwirtschaftlichen Betrieben und anderen Unternehmen von Bedeutung. Die als Surrogate erworbenen Grundstücke können in Erbengemeinschaft im Grundbuch eingetragen werden.
2. Zweck der dinglichen Surrogation: Werterhaltung der Sachgesamtheit Nachlass
Rz. 309
Nachlässe in gesamthänderischer Bindung einer Erbengemeinschaft werden oft jahrzehntelang von den Miterben verwaltet. Ergreifen die Erben Haftungsbeschränkungsmaßnahmen, so steht den Nachlassgläubigern als Zugriffsobjekt nur der Nachlass zur Verfügung, nicht auch das jeweilige Eigenvermögen der Erben.
Im Interesse der Erben und der Nachlassgläubiger sichert die in § 2041 S. 1 BGB angeordnete dingliche Surrogation die Erhaltung des Sondervermögens Nachlass in seinem wirtschaftlichen Wert bis zur Auseinandersetzung. Unabhängig von der Willensrichtung des für den Nachlass Handelnden sollen bestimmte Erwerbsvorgänge dem Nachlass zugeordnet werden.
3. Drei Surrogationsarten des § 2041 BGB
Rz. 310
In § 2041 BGB sind drei Arten der dinglichen Surrogation normiert:
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die Rechtssurrogation, |
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die Ersatzsurrogation und |
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die Beziehungs- bzw. Mittelsurrogation. |
Dazu gehören auch Ansprüche nach § 985 BGB, z.B. bei der Rückabwicklung eines Nachlassauseinandersetzungsvertrages: Beim Rücktritt vom oder bei Anfechtung des Nachlassauseinandersetzungsvertrages gehört der Rückgewähranspruch nach § 346 bzw. § 812 Abs. 1 BGB zum Nachlass, so dass an den auseinandergesetzten Nachlassgegenständen, insbesondere an den Nachlassgrundstücken, wieder Gesamthandseigentum in Erbengemeinschaft entsteht, das erneut auseinanderzusetzen ist (vgl. im Einzelnen zur dinglichen Surrogation in der Erbengemeinschaft § 10 Rdn 230 ff.).
Rz. 311
Gleichgültig ist, ob die originären Rechtspositionen dem Zivilrecht oder dem öffentlichen Recht entspringen.
Wurden noch zu Lebzeiten des Erblassers Ansprüche nach dem Vermögensgesetz (BGBl II 1990, 1159) begründet, so gehören die entsprechenden Leistungen zum Nachlass, und zwar kraft der Rechtssurrogation.
Rz. 312
Zur Klärung der Frage, ob ein bestimmter Gegenstand zum Nachlass und damit zur Teilungsmasse gehört, kommt eine Feststellungsklage zur Vorbereitung der Erbteilung in Betracht (vgl. zur Feststellungsklage Rdn 20 ff., 291).