I. Beratungsgebühr
Rz. 16
Wird ein Rechtsanwalt auftragsgemäß nur im Innenverhältnis zum Mandanten beratend tätig, so handelt es sich um einen Rat bzw. um eine Auskunft im Sinne von § 34 RVG. Mangels einer Gebührenvereinbarung bestimmt sich die Vergütung nach § 34 RVG i.V.m. § 612 Abs. 2 BGB. Die ortsübliche Vergütung für eine beratende Tätigkeit beträgt 190 EUR netto pro Stunde.
II. Geschäftsgebühr
Rz. 17
Die Geschäftsgebühr erhält der Rechtsanwalt für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information und für die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Vertrags (Vorbemerkung 2.3 Abs. 3 VV RVG). Mit der Geschäftsgebühr wird beispielsweise die gesamte Korrespondenz mit dem Kfz-Haftpflichtversicherer abgegolten. Hat der Rechtsanwalt den Auftrag erhalten, für den Geschädigten nach außen tätig zu werden, entsteht die Geschäftsgebühr bereits mit der Erteilung des Mandats, genauer gesagt, mit der Entgegennahme von Informationen. Sollten bereits gefertigte Schreiben nicht mehr zum Versand gelangen, hat dies auf die Höhe der bereits entstandenen Geschäftsgebühr keinen Einfluss.
Rz. 18
Im Blick auf die Gebührenhöhe sieht Nr. 2300 VV RVG eine Satzrahmengebühr von 0,5 bis 2,5 vor. Gleichzeitig kann nach der Anmerkung zu Nr. 2300 VV RVG eine Gebühr oberhalb von 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig ist. Dies bedeutet nach Ansicht der Rechtsprechung, dass es lediglich eine rechnerische Mittelgebühr gibt, welche 1,5 beträgt. Solange der Fall aber weder umfangreich noch schwierig ist, wird die Gebühr auf 1,3 gekappt (Kappungsgrenze). Für eine Überschreitung der Kappungsgrenze genügt jedoch, dass die Bearbeitung alternativ entweder umfangreich oder schwierig ist.
Rz. 19
Ausgangspunkt für die Bemessung der zu erstattenden Gebühr sind die Vorschriften der §§ 315 ff. BGB i.V.m. § 14 RVG. Danach bestimmt der Rechtsanwalt nach billigem Ermessen, welche Gebühr angemessen ist. Hat er sein Ermessen ausgeübt, ist er hieran gebunden, kann also nicht nachträglich Ermessengründe nachschieben und erhöht abrechnen. Die von ihm erfolgte Bestimmung ist für den Dritten bindend, es sei denn, sie wäre unbillig, § 14 Abs. 1 S. 4 RVG. Hierbei sind neben allen Umständen des Einzelfalls vor allem folgende Kriterien ausschlaggebend:
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die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage |
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der Umfang der Sache |
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die Einkommensverhältnisse des Mandanten |
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die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten |
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das Haftungsrisiko. |
Rz. 20
Bei Verkehrsunfällen ist in einem durchschnittlich gelagerten Fall von der auf 1,3 gekappten Mittelgebühr als Regelgebühr auszugehen. Denn auch bei zügiger Regulierung muss der Anwalt zur erfolgreichen Anmeldung des Anspruchs eine Vielzahl an Recherchen betreiben, um alle zu ersetzenden Positionen zu erfassen. Aus der problemlosen und schnellen Abwicklung kann nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass die anwaltliche Tätigkeit unterdurchschnittlich war, da diese Regulierung auf der umfangreichen Klärung der Sach- und Rechtslage durch den Anwalt beruhen kann. Eine 1,3 Geschäftsgebühr fällt zumindest dann an, wenn der Rechtsanwalt über eine einfache Schadensaufstellung hinaus tätig werden muss, indem er nach einem Informationsgespräch mit dem Mandanten den gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherer zunächst zur Anerkennung dessen voller Einstandspflicht auffordert und den Schaden mit einem weiteren Schreiben vorläufig beziffert und später nach Eingang des Sachverständigengutachtens mit Reparaturkosten knapp unterhalb des Wiederbeschaffungswertes die ermittelten Werte überprüft und anschließend mit dem Mandanten ein abschließendes Beratungsgespräch führt.
Rz. 21
Die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit einer höheren als der gekappten Mittelgebühr trägt der Geschädigte.
Rz. 22
Bei einem Personenschaden kann der Umfang dagegen sehr schnell überdurchschnittlich werden, ebenso wie die Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage. In Fällen, in denen der Geschädigte schwer verletzt wurde und er einen Verdienstausfall geltend macht, ist beispielsweise eine 1,8 oder gar 2,0 Gebühr angesichts der umfangreichen und schwierigen Berechnung des Verdienstausfallschadens als angemessen erachtet worden.
Auch Besonderheiten des beschädigten Fahrzeugs (Taxi) können eine 1,8 Geschäftsgebühr rechtfertigen.
Rz. 23
Muster 19.5: Erhöhte Geschäftsgebühr bei Unfall mit einem Taxi
Muster 19.5: Erhöhte Geschäftsgebühr bei Unfall mit einem Taxi
Unstreitig handelt es sich beim beschädigten Fahrzeug um ein Taxi, weshalb ein entsprechender Nutzungsausfall bzw. Gewinnentgang zu berechnen und geltend zu machen war. Hierbei handelt es sich bereits von der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeit sowie vom Bearbeitungsumfang her schon nicht um einen Durchschnittsfall (AG Mayen, Urt. v. 15.7.2011 – 2d C 224/11). In einem solchen Fall ist eine Geschäftsgebühr in Höhe von 1,8 nicht zu beanstanden, weil angemessen (AG Mayen, a.a.O.).
Die Vorlage einer Gegenrechnung (ControlExpert o.ä.) rechtfertigt...