Rz. 21

Das Handelsregister dient der Offenlegung der Zugehörigkeit gewerblicher Unternehmen zum Handelsstand. Zudem verzeichnet es die Rechtsverhältnisse der Unternehmen des Handelsstandes. Das am 1.1.2007 in Kraft getretene EHUG ordnete mit § 8 Abs. 1 HGB die vollständige elektronische Führung des Handelsregisters an.[125] Ziel der Reform war es, sämtliche Handelsregisterdaten in öffentlichen Registern und Datenbanken elektronisch verfügbar zu machen und somit für effektivere und kostengünstigere Transparenz im Rechtsverkehr zu sorgen.[126]

[125] Müther, Handelsregister, § 1 Rn 3.
[126] Baumbach/Hopt, § 8 Rn 2a); Heidel/Schall, § 8 Rn 5.

a) Negative Publizität

 

Rz. 22

§ 15 Abs. 1 HGB begründet einen registerrechtlichen Vertrauensschutz. Solange eine in das Handelsregister einzutragende Tatsache nicht eingetragen und bekannt gemacht ist, kann sie derjenige, in dessen Angelegenheit sie einzutragen war, einem Dritten nicht entgegensetzen, es sei denn, dass sie diesem bekannt war.[127] Der Rechtsverkehr kann sich also auf das Schweigen des Handelsregisters verlassen.[128] Es kommt nicht auf den unrichtigen Handelsregisterinhalt an, sondern auf das, was das Register verschweigt.[129] Auf eine einzutragende Tatsache (z.B. Erlöschen der Prokura gem. § 53 Abs. 3 HGB, Auflösung der Gesellschaft, Ausscheiden eines Gesellschafters[130] oder Fortbestand des Aufsichtsratsmandats[131]) kann sich daher derjenige nicht berufen, zu dessen Gunsten die Tatsache einzutragen war, solange sie nicht im Handelsregister eingetragen ist. Dies gilt gerade auch für Eintragungen, die deklaratorische Wirkung haben, aber eintragungspflichtig sind.[132]

[127] Zur Abberufung eines GmbH-Geschäftsführers, der sich gegen die Abberufung gerichtlich wehrt, OLG Oldenburg GmbHR 2010, 1093.
[128] Heidel/Schall, § 15 Rn 2, 18.
[129] K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 1.
[130] Vgl. §§ 2, 3, 1313h, 25 Abs. 2, 28 Abs. 2, 24–31, 53, 106, 107, 143, 144, 148, 157, 162, 175 HGB.
[131] BGH v. 21.4.2020 – II ZR 412/17, Rn 64, juris.
[132] Canaris, § 5 I 2a Rn 8 f.

b) Wirkung eingetragener Tatsachen

 

Rz. 23

Ist die Tatsache eingetragen und bekannt gemacht, muss ein Dritter sie gegen sich gelten lassen, § 15 Abs. 2 S. 1 HGB. Voraussetzung ist die Wahrheit der Eintragung.[133] Für eine Übergangsfrist von 15 Tagen kann sich der Dritte gem. § 15 Abs. 2 S. 2 HGB darauf berufen, die Eintragung nicht gekannt zu haben. Die Eintragung kann einen anderweitig hervorgerufenen Vertrauenstatbestand entkräften, da sich bei richtiger Eintragung, z.B. Widerruf der Prokura, ein Dritter nicht auf den Rechtsschein eines trotzdem weiter auftretenden Prokuristen berufen kann.

c) Positive Publizität

 

Rz. 24

Ist eine einzutragende Tatsache[134] unrichtig bekannt gemacht, kann sich ein Dritter gem. § 15 Abs. 3 HGB demjenigen gegenüber, in dessen Angelegenheiten die Tatsache einzutragen war, auf die bekannt gemachte Tatsache berufen, es sei denn, dass er die Unrichtigkeit kannte. § 15 Abs. 3 HGB schützt das Vertrauen in eine unrichtig bekannt gemachte Tatsache unabhängig von der tatsächlichen Einsichtnahme in das Handelsregister.[135]

[134] BGH v. 18.10.2016 – II ZR 314/15, NJW 2017, 559 zu einem Fall der Rechtsscheinhaftung bei nicht eintragungspflichtiger Tatsache.
[135] Baumbach/Hopt, § 15 Rn 9; a.A. Heidel/Schall, § 15 Rn 6 ff., 9: Vertrauensschutz nur bei tatsächlicher Einsicht in das Handelsregister.

d) Aufbau des Handelsregisters

 

Rz. 25

Das Handelsregister besteht gem. § 3 HRV aus zwei Abteilungen: Abteilung A für die vollkaufmännischen Einzelkaufleute und die handelsrechtlichen Personengesellschaften, Abteilung B für die Kapitalgesellschaften.

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