Rz. 589

Zur Vereinheitlichung des materiellen Rechts sind in den USA von der National Conference of Commissioners on the Uniform State Laws und der American Bar Association verschiedene Mustergesetze (Uniform Acts) entwickelt worden. Der 1969 fertiggestellte Uniform Probate Code (UPC) betrifft einige Gebiete des Zivilrechts, die Gegenstand der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind. Teil 2 des UPC enthält das Erbrecht einschließlich des Pflichtteilsrechts. Das Regelungswerk ist mittlerweile in 16 US-Staaten rezipiert worden, nämlich in Alaska, Arizona, Colorado, Florida, Hawaii, Idaho, Maine, Michigan, Minnesota, Montana, Nebraska, New Mexico, North Dakota, South Carolina, South Dakota, Utah – teilweise allerdings mit erheblichen Unterschieden, die sich daraus ergeben können, dass verschiedene Versionen des mehrfach, zuletzt 2010 überarbeiteten UPC rezipiert wurden bzw. bei der Rezeption kleinere Änderungen vorgenommen wurden. Zahlreiche weitere Staaten haben den UPC auszugsweise angenommen und einzelne Teile in staatliches Recht inkorporiert.

 

Rz. 590

Für die Quote des elective share enthält § 2–202 UPC eine Skala (sliding scale), die die Quote bei Null beginnen und während der ersten zehn Ehejahre jedes Jahr um 3 Prozentpunkte zunehmen lässt. Danach nimmt sie fünf Jahre lang jährlich um 4 Prozentpunkte zu, so dass nach fünfzehn Ehejahren die volle Quote von 50 % erreicht ist. Unabhängig von dieser Quote steht dem Ehegatten jedoch mindestens der Gegenwert von 75.000 US-$ (bis 2008: 50.000 US-$) zu. Seit der Neufassung des UPC im Jahre 1990[573] werden lebzeitige Zuwendungen des Erblassers an den Ehegatten, ja sogar das eigene Vermögen des überlebenden Ehegatten und seine unentgeltlichen Verfügungen zugunsten Dritter, die bei seinem eigenen Ableben Bestandteil des augmented estate wären, in die Berechnung einbezogen. Zur Berechnung des dem Ehegatten auszuzahlenden Anteils wiederum sind lebzeitige Zuwendungen des Erblassers an ihn, Versicherungsleistungen und das eigene Vermögen des Ehegatten wieder in Abzug zu bringen. Der geringer bemittelte Ehegatte steht mithin so, als ob er in Gütergemeinschaft gelebt hätte. Dem Wohlhabenderen wird der Anteil bis auf Null gekürzt.[574] Daneben erhält der Ehegatte eine sog. homestead allowance in Höhe von 22.500 US-$ (siehe Rdn 592).

 

Rz. 591

Testamentarisch übergangene Kinder (omitted children) haben Anspruch auf den gesetzlichen Erbteil, wenn sie nach Testamentserrichtung geboren wurden, aus dem Testament nicht die Absicht der Enterbung hervorgeht, sie nicht schon auf andere Weise abgefunden und der Nachlass nicht im Wesentlichen dem anderen Elternteil zugewandt wurde. Waren bei Testamentserrichtung schon Kinder vorhanden und haben sie einen dem gesetzlichen Erbteil entsprechenden Betrag zugewandt erhalten, teilen sich die Nachgeborenen mit diesen die Zuwendung zu gleichen Teilen, Art. 2–302 UPC.[575] Auch der nach Testamentserrichtung geheiratete Ehegatte hat bei Übergehen Anspruch auf den vollen gesetzlichen Erbteil, selbst wenn er im Testament durch ein Vermächtnis ausdrücklich bedacht wird; das Vermächtnis ist dann auf den Erbteil anzurechnen. Der gesetzliche Erbteil des Ehegatten umfasst einen Voraus i.H.v. 100.000 US-$ und die Hälfte vom Rest. Sind sämtliche Kinder auch Kinder des Ehegatten, wird der Ehegatte Alleinerbe. Neben Eltern beträgt der Voraus 200.000 US-$ und die Quote drei Viertel.

 

Rz. 592

§ 2–402 UPC weist das homestead dem Ehegatten zu. Hinterlässt der Erblasser keinen Ehegatten, haben die minderjährigen oder bedürftigen Kinder Anspruch auf das homestead. Der Anspruch besteht in einem Geldbetrag und beträgt seit 2010 22.500 US-$ (bisher: 15.000 US-$). Für die Zeit der Nachlassverwaltung haben diese Personen Anspruch auf family allowance in "angemessener Höhe", § 2–404 UPC. Soll mehr als 2.250 US-$ pro Monat gezahlt werden, bedarf der Nachlassverwalter hierfür der Zustimmung des Gerichts.

[573] Umgesetzt in Alaska, Arizona, Colorado, Hawaii, Minnesota, Montana, New Mexico, North Dakota.
[574] Die Einzelheiten der Berechnung des elective share sind aufgrund der vielfältigen Zurechnungen, Abzüge und anrechenbaren Beträge etwas kompliziert (vgl. ein Berechnungsschema Chart 6–2 bei Averill/Radfford, Uniform Probate Code in a Nutshell). Ihre Darstellung würde hier zu weit führen. Sie wäre angesichts der Unterschiede und Abweichungen der Gesetze der Einzelstaaten im Detail vom UPC auch wenig hilfreich.
[575] Beispielsrechnungen bei Averill, a.a.O., S. 116 ff.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?