Rz. 250

Der Pflichtteil gewährt eine unmittelbare dingliche Beteiligung in Höhe der Noterbquote am Nachlass, Art. 70 ErbG. Die Pflichtteilsquote beträgt für leibliche und adoptierte Abkömmlinge und den (vom Erblasser nicht faktisch getrennt lebenden, siehe Rdn 248) Ehegatten sowie den Partner aus einer gesetzlich anerkannten verschiedengeschlechtlichen faktischen Lebensgemeinschaft sowie seit dem 1.9.2014 die Partner einer eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaftdie Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Eltern gehören nach dem neuen ErbG nicht mehr allgemein zu den Pflichtteilsberechtigten. Sie können allenfalls bei Bedürftigkeit Ansprüche gegen den Nachlass geltend machen, soweit sie auch zur gesetzlichen Erbfolge berufen wären. Der Pflichtteil der Aszendenten beträgt dann ein Drittel des gesetzlichen Erbteils.[289] Scheidet ein Pflichtteilsberechtiger kraft Ausschlagung oder aus anderem Grunde aus, wächst sein Anteil dem anderen Pflichtteilsberechtigen nicht zu.

 

Rz. 251

Der Ehegatte sowie die mit dem Erblasser gemeinsam lebenden Abkömmlinge erhalten den zur Befriedigung der täglichen Bedürfnisse dienenden Hausrat – soweit dieser nicht erheblichen Wert hat – als gesetzlichen Voraus, ohne dass dieser bei der Berechnung des Pflichtteils einbezogen oder angerechnet wird, Art. 38 ErbG. Auch können Abkömmlinge, die mit dem Erblasser gemeinsam gewirtschaftet haben, vorab einen Ausgleich für den Wert verlangen, um den ihre (Mit-)Arbeit das Vermögen des Erblassers erhöht hat, Art. 37 ErbG. Lebten die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, ist das eheliche Gesamtgut vor Nachlassauseinandersetzung zu teilen.

 

Rz. 252

Zur Berechnung des Pflichtteils werden dem Nachlass ohne zeitliche Befristung sämtliche lebzeitigen Geschenke des Erblassers an einen der gesetzlichen Erben zugerechnet, und zwar auch dann, wenn der Empfänger die Erbschaft ausgeschlagen hat. Geschenke an eine Person, die nicht zu den gesetzlichen Erben gehört, unterliegen der Pflichtteilsergänzung, wenn die Schenkung innerhalb eines Jahres vor dem Erbfall erfolgte.

 

Rz. 253

Eine Entziehung des Pflichtteils ist durch ausdrückliche testamentarische Anordnung möglich, wenn der Noterbe eine schwerwiegende rechtliche oder moralische Verfehlung wider den Erblasser begangen hat, eine schwere Straftat gegen ihn, seinen Ehegatten, sein Kind oder einen Elternteil begangen hat oder einen ehrlosen Lebenswandel führt, Art. 86 ErbG. Einem verschwenderischen oder überschuldeten Abkömmling darf der Pflichtteil nur zugunsten dessen minderjähriger oder erwerbsunfähiger Abkömmlinge entzogen werden (Pflichtteilsentziehung in guter Absicht, Art. 88 ErbG).

 

Rz. 254

Das Pflichtteilsrecht verjährt in drei Jahren seit Eröffnung des Testaments. Bei beeinträchtigenden Schenkungen beginnt die Verjährung mit dem Tod des Erblassers (Art. 46 ErbG). Die Erhebung einer Herabsetzungsklage ist nur erforderlich, wenn der Testamentserbe das Noterbrecht nicht anerkennt.[290]

 

Rz. 255

Der vertragliche Verzicht auf den Pflichtteil zu Lebzeiten des Erblassers fällt unter das Verbot der Erbverträge. Allerdings ergibt sich aus Art. 134 ErbG die Möglichkeit, dass ein Abkömmling des Erblassers mit diesem durch schriftlichen Vertrag die Erbfolge bereits zu Lebzeiten bindend ausschlägt. Ein entsprechender Erbverzicht ist auch zwischen Eheleuten möglich. Freilich ist diese Ausschlagung auf das gesamte Erbteil bezogen, kann also nicht auf einen Pflichtteil oder einen bestimmten Pflichtteilsergänzungsanspruch beschränkt werden. Er erfasst allerdings, soweit vereinbart, den gesetzlichen wie auch den testamentarischen Erbteil.[291] Der Erbverzichtsvertrag muss gerichtlich oder notariell beurkundet werden. Es genügt zur Formwirksamkeit auch, wenn dieser schriftlich errichtet und anschließend vom Notar in die Form eines Notariatsakts gebracht worden ist.[292]

[289] NomosKommentar-BGB/Kristič, Band V, Länderbericht Kroatien Rn 52.
[290] Wohlgemuth, ROW 1995, 228.
[291] NomosKommentar-BGB/Kristič, Band V, Länderbericht Kroatien Rn 110.
[292] Josipovič, in: Pintens, International Encyclopedia of Laws – Familiy and Succession Law, Croatia Rn 438.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge