Rz. 119
Rechtspositionen, die nichtvermögensrechtlicher Art oder nicht vererblich sind, haben auf den Wert des Nachlasses keinen Einfluss. Sie sind daher nicht anzusetzen. Gleiches gilt auch für diejenigen Vermögenspositionen, die durch Rechtsgeschäft außerhalb der Erbfolge oder kraft Gesetzes auf Dritte übergehen, wie z.B. die aufschiebend auf den Erbfall bedingte Übertragung einer Forderung, die Nachfolge in eine Personengesellschaft aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Nachfolgeklausel, das Eintrittsrecht in einen Mietvertrag (§ 569a BGB), ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (Lebensversicherung) oder der Anteilserwerb des überlebenden Ehegatten am Gesamtgut bei fortgesetzter Gütergemeinschaft (§ 1438 Abs. 1 S. 3 BGB).
Rz. 120
Rechtspositionen, die mit dem Tod des Erblassers automatisch – entweder von Gesetzes wegen oder aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung – erlöschen, zählen ebenfalls nicht zum Nachlass, so z.B. der Nießbrauch (§ 1061 S. 1 BGB), persönliche Dienstbarkeiten (§ 1090 Abs. 2 BGB) oder Wohnrechte (§ 1093 BGB) sowie aufschiebend bedingt erlassene Darlehensforderungen, wenn die Bedingung der Eintritt des Todes des Gläubigers (Erblassers) ist.
Rz. 121
Ferner ist auf der Stufe der Erfassung der relevanten Nachlassbestandteile zu berücksichtigen, ob bzw. inwieweit der Erblasser mit dem jeweiligen Pflichtteilsberechtigten einen gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzicht nach § 2346 BGB vereinbart hat. Diejenigen Vermögensgegenstände, die hiervon erfasst werden, sind ebenfalls auszusondern.
Rz. 122
Nicht abzuziehen sind diejenigen Lasten und Verbindlichkeiten, die den Pflichtteilsberechtigten, wäre er gesetzlicher Erbe geworden, nicht belasten würden, in erster Linie also sein eigener Pflichtteilsanspruch. Weiterhin erfasst das Abzugsverbot aber auch sämtliche aus einer Verfügung von Todes wegen resultierenden Verbindlichkeiten (Vermächtnisse, Auflagen, sowie Ansprüche von Erbersatzberechtigten).
Rz. 123
Entscheidendes Kriterium für die Berücksichtigung einer Verbindlichkeit ist, dass sie sich gegen den Nachlass als solchen richten muss (Nachlassrichtung). Dies kann vor allem in den Fällen zweifelhaft sein, in denen die fragliche Verbindlichkeit in einem engen sachlichen Zusammenhang mit einem in den Nachlass gefallenen Aktivum, insbesondere mit sog. Wirtschafts- oder Sacheinheiten, steht. In diesen Fällen stellt sich nämlich die Frage, ob diese Verbindlichkeit bereits bei der Bewertung der entsprechenden Aktiva mindernd zu berücksichtigen und daher auf der Passivseite nicht gesondert in Ansatz zu bringen ist oder ob sowohl die Aktiva als auch die mit ihnen in Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten jeweils in voller Höhe auf der Aktiv- und der Passivseite angesetzt werden sollen. Soweit möglich, sollten nach hiesiger Auffassung die Aktiva entsprechend gemindert werden.