Rz. 238
Einige Besonderheiten sind im Bereich der sog. ehebezogenen Zuwendungen zu beachten: In der Regel mangelt es den Eheleuten an der Einigkeit über die objektive Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Da derartige Zuwendungen im Verhältnis der Ehegatten zueinander grundsätzlich nicht als Schenkung bewertet werden, müsste hieraus grundsätzlich der Schluss zu ziehen sein, dass ehebezogene Zuwendungen immer ergänzungsfest seien. Um den hiermit verbundenen Gestaltungs- bzw. Missbrauchsmöglichkeiten einen Riegel vorzuschieben, verzichtet der BGH bei ehebezogenen Zuwendungen auf das Tatbestandsmerkmal der Einigung über die Unentgeltlichkeit und lässt die objektive Unentgeltlichkeit der Zuwendung genügen, um den Anwendungsbereich des § 2325 BGB zu eröffnen. Bezogen auf das Pflichtteilsrecht stehen ehebezogene Zuwendungen daher nach der Rechtsprechung den Schenkungen gleich. Für die objektive Unentgeltlichkeit genügt es insoweit, dass die gewährte Leistung nicht von einer (wenigstens subjektiv) wertgleichen Gegenleistung abhängig ist.
Rz. 239
Da die Ehe als solche keinen Anspruch auf Vermögenszuwendungen begründet, ist bei (nicht auf Austauschverträgen beruhenden) Leistungen unter Ehegatten im Regelfall von (unentgeltlichen) ehebezogenen Zuwendungen auszugehen. Ausnahmen bestehen aber für angemessene Zuwendungen zum Zwecke der Alterssicherung, für angemessene nachträgliche Vergütungen langjähriger Dienste oder bei Erfüllung entsprechender unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen. Die Instanzgerichte haben diese Grundsätze auch auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft ausgedehnt. Dem Schutz der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge kommt in der Rechtsprechung des BGH eindeutig der Vorrang gegenüber den (berechtigten) Interessen des überlebenden Ehegatten zu. Die eigentliche Funktion der ehebezogenen Zuwendung, nämlich die mit ihr beabsichtigte Absicherung der ehelichen Lebensverhältnisse, bleibt dabei auf der Strecke.
Rz. 240
Auch der Vermögenserwerb durch güterrechtliche Vereinbarung kann im Einzelfall eine ehebezogene Zuwendung darstellen.
Rz. 241
Grundsätzlich ist der hälftige Vermögenserwerb des weniger vermögenden Ehegatten durch die Vereinbarung einer Gütergemeinschaft pflichtteilsergänzungsfest. Der Rechtsgrund der Bereicherung liegt in einem familienrechtlichen Vertrag, sodass es an der für eine Schenkung erforderlichen Einigung über die Unentgeltlichkeit fehlt. Die einer späteren Vereinbarung der Gütertrennung folgende Auseinandersetzung des veränderten Gesamtguts kann aber insoweit als pflichtteilsergänzungspflichtig anzusehen sein, als einem Ehegatten mehr als die Hälfte des Gesamtguts zugeteilt wird. Dem BGH geht es dabei vorrangig um den Schutz der pflichtteilsberechtigten Abkömmlinge durch die Verhinderung missbräuchlicher Gestaltungen. So kann bspw. eine kurz vor dem Tod eines Ehegatten getroffene güterrechtliche Vereinbarung pflichtteilsergänzungsrelevant sein. Das gilt auch, wenn kurz nach Vereinbarung der Gütergemeinschaft (wieder) Gütertrennung vereinbart und dadurch ein überdurchschnittlicher Teil des Vermögens auf den bisher eigentlich vermögenslosen Ehegatten übertragen wird (sog. Güterstandsschaukel).
Rz. 242
Grundsätzlich lässt sich aber wohl noch davon ausgehen, dass auch das sog. Gütertrennungsmodell eine pflichtteilsfeste Gestaltung darstellt. Allerdings mehren sich in der Literatur die Stimmen, die auch insoweit zur Vorsicht mahnen.