1. Grundsätze
Rz. 115
Alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, die durch den Erbfall im Wege der Gesamtrechtsnachfolge gem. § 1922 BGB auf den bzw. die Erben übergegangen sind, sind in die Nachlassbewertung einzubeziehen. Forderungen und Verbindlichkeiten des Erblassers, die infolge des Erbfalls durch Konfusion bzw. Konsolidation erloschen sind, gelten für Zwecke der Pflichtteilsberechnung als nicht erloschen. Zum Vermögen zählen auf jeden Fall alle Gegenstände, die dem Erblasser gehörten, daneben aber auch sämtliche vermögensrechtlichen Positionen oder Beziehungen, die der Erblasser noch vor seinem Tod eingeleitet hat, die sich aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in endgültigen Rechtswirkungen manifestieren.
Rz. 116
Schulden, Lasten und Verpflichtungen sind nur insoweit zu berücksichtigen, wie sie auch beim Eintritt der gesetzlichen Erbfolge bestehen würden. Daher sind all diejenigen Verpflichtungen, die aus einer testamentarischen Verfügung des Erblassers herrühren, auszuklammern. Anzusetzen sind aber die Nachlassverbindlichkeiten, die im Zeitpunkt des Erbfalls bereits entstanden (mit Ausnahme der persönlichkeitsbezogenen Pflichten, die nicht vererblich sind) oder wenigstens schon im Keim angelegt waren und die sich nun gegen den Nachlass richten. Dies sind sowohl die Erblasser- als auch die Erbfallschulden.
Rz. 117
Da § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB den Pflichtteil als die Hälfte des Werts des gesetzlichen Erbteils definiert, muss für die Bestandsaufnahme unterstellt werden, dass der Pflichtteilsberechtigte im Wege der gesetzlichen Erbfolge selbst Erbe geworden wäre. Alle Verpflichtungen, die ihn bei dieser hypothetischen Betrachtung treffen würden, sind auch bei der Berechnung des Pflichtteils mit zu berücksichtigen.
2. "Nachlassbilanz"
Rz. 118
Aktiva |
Passiva |
▪ |
Ansprüche auf Gehaltsnachzahlungen und Bezüge für den Sterbemonat |
▪ |
Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen |
▪ |
Abfindungsanspruch aus der Auflösung einer Ehegatten-Innengesellschaft |
▪ |
Bankguthaben auf gemeinsamen Konten zu 50 Prozent |
▪ |
Handelsvertreterausgleichsanspruch (§ 89b HGB) |
|
▪ |
Anspruch der Ehefrau aus gemeinschaftlicher Wirtschaftsführung |
▪ |
Kosten der Auskunftserteilung nach § 2314 BGB |
▪ |
Beerdigungskosten |
▪ |
Erblasserschulden |
▪ |
Ermittlung der Gläubiger/Aufgebot der Nachlassgläubiger |
▪ |
Kosten der Inventarerrichtung (§§ 1993 ff. BGB) |
|
▪ |
Krankenversicherungsansprüche |
▪ |
Lebensversicherung |
▪ |
Steuererstattungsansprüche |
▪ |
Surrogate |
▪ |
Zuschlag in der Zwangsversteigerung |
|
▪ |
Kosten der Nachlassbewertung, § 2314 BGB, einschließlich der Kosten eines hierzu geführten Prozesses |
▪ |
Kosten der Nachlasspflegschaft/Nachlasssicherung |
▪ |
Kosten der Nachlassverwaltung |
▪ |
Nachehelicher Unterhalt |
▪ |
Nachvermächtnis und aufschiebend bedingtes Herausgabevermächtnis |
▪ |
Prozesskosten |
▪ |
Rechtsanwaltsgebühren im Erbscheinsverfahren |
▪ |
Rückforderungsanspruch des Sozialhilfeträgers |
|
|
▪ |
Steuerschulden |
▪ |
Testamentsvollstreckungskosten |
▪ |
Unterhaltsanspruch des nichtehelichen Kindes |
▪ |
Voraus des Ehegatten, soweit er nicht wirksam entzogen oder ausgeschlagen wurde |
▪ |
Wohngeldschulden |
▪ |
Zugewinnausgleichsanspruch des überlebenden Ehegatten (§ 1371 Abs. 2 und 3 BGB) |
|