I. Klagearten im Allgemeinen
Rz. 317
Bei ausreichender Kenntnis von Art und Zusammensetzung des Nachlasses kann der Pflichtteilsberechtigte sofort Zahlungsklage erheben. Alternativ hat er die Möglichkeit, mit Hilfe der Auskunfts- oder der Stufenklage vorzugehen, um sich zunächst die noch benötigten Informationen zu beschaffen. Dabei ist es möglich, in einzelnen, jeweils gesonderten Schritten vorzugehen und zunächst Auskunftsklage hinsichtlich der Zusammensetzung und des Werts des Nachlasses zu erheben, die Hauptansprüche dann aber im Wege einer gesonderten Zahlungsklage zu verfolgen. Nachteilig ist, dass der Pflichtteilsberechtigte hier, neben dem Risiko der Verjährung, höhere Prozesskosten in Kauf nehmen muss. Die Gebühren für die einzelnen Prozesse entstehen in diesen Fällen nämlich aus zwei getrennten Streitwerten, während bei der Stufenklage (Klagehäufung) die Kosten aus einem Gesamtstreitwert ermittelt werden, für den nach § 18 GKG der höchste Wert der erhobenen Ansprüche maßgeblich ist.
Rz. 318
Die Pflichtteilsklage kann grundsätzlich am allgemeinen Gerichtsstand, also am Wohnsitz des Beklagten (§ 13 ZPO), erhoben werden, wahlweise am besonderen Gerichtsstand der Erbschaft (§ 27 ZPO).
Rz. 319
Pflichtteilsansprüche im Zusammenhang mit einem Hof i.S.d. HöfeO fallen in die Zuständigkeit der Landwirtschaftsgerichte (§ 18 Abs. 1 HöfeO). Das gilt auch dann, wenn gleichzeitig ein das hofesfreie Vermögen betreffender Anspruch gegen den Nachlass geltend gemacht wird.
II. Stufenklage
Rz. 320
Im Regelfall geht der Pflichtteilsberechtigte prozessual im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) vor. In der ersten Stufe richtet sich der Klageantrag auf Auskunftserteilung über den Bestand des Nachlasses (§§ 2314, 260 BGB), in der zweiten Stufe auf die Abgabe einer Versicherung an Eides Statt (§ 260 Abs. 2 BGB) und in der dritten Stufe auf die Erfüllung des eigentlichen Zahlungsanspruchs, der sich betragsmäßig aus dem in der ersten Stufe ermittelten Nachlasswert und der Pflichtteilsquote ergibt. Mitunter muss zwischen der zweiten und der dritten Stufe noch zusätzlich auf Wertermittlung geklagt werden. Die Stufenklage unterbricht die Verjährung des Pflichtteilsanspruchs in der Höhe, in der er später beziffert wird. Soweit der Pflichtteilsberechtigte von der Zusammensetzung bzw. vom Wert des Nachlasses bereits eigene, wenn auch nicht vollständige, Kenntnis hat, kann es sich empfehlen, im Rahmen der Stufenklage bereits zu Beginn einen bezifferten Teilklageantrag zu stellen. Im Übrigen ist der Wechsel zwischen den einzelnen Stufen stets lediglich als Klageerweiterung (§ 264 Nr. 2 ZPO) anzusehen, nicht als Klageänderung i.S.v. § 263 ZPO. Das gilt auch für das Übergehen einer ursprünglich angekündigten zweiten Stufe. Auch die Rückkehr des Klägers in die erste Stufe ist – jedenfalls dann, wenn noch nicht mündlich über die folgende Stufe verhandelt wurde – nach § 264 Nr. 2 ZPO zulässig.
Rz. 321
Die Stufenklage ist auch gegen den vom Erblasser Beschenkten, der ggf. nach § 2329 BGB für den Pflichtteilsergänzungsanspruch haftet, möglich. Sie kann sogar parallel sowohl gegen den Erben als auch gegen den Beschenkten geführt werden. Solange die Auskunftsansprüche des Pflichtteilsberechtigten noch nicht erfüllt sind, ist eine gleichzeitige Stufenklage (mit dem Endziel der Leistung einer Pflichtteilsergänzung) gegen Erben und Beschenkten auf jeden Fall zulässig. Dies ändert sich erst dann, wenn aufgrund der erteilten Auskünfte klar ist, dass entweder nur der Erbe oder nur der Beschenkte zur Pflichtteilsergänzung verpflichtet ist.
Rz. 322
Erteilt der Beklagte nach Eintritt der Rechtshängigkeit der Stufenklage die begehrte Auskunft, kann hinsichtlich des Auskunftsantrags die Hauptsache für erledigt erklärt werden, ohne dass den Kläger die Prozesskosten treffen. Erweist sich der Nachlass aufgrund der Auskunftserteilung als nicht werthaltig, sodass ein Zahlungsanspruch nicht besteht, ergibt sich hieraus hinsichtlich der anschließenden prozessualen Verfahrensweise bzw. der Kostentragungspflicht aber ein bislang umstrittenes Problem: Durch die bloße Erklärung der Erledigung der Hauptsache bzgl. des Zahlungsantrags kann der Kläger die Prozesskostensituation nicht retten. Der BGH weist die Kosten in diesem Fall nach § 92 ZPO dem Kläger zu. Die Zahlungsklage wäre nämlich unbegründet gewesen. Eine analoge Anwendung des Rechtsgedankens aus § 93 ZPO kommt nicht in Betracht.
Rz. 323
Dies führt im Ergebnis zu einer als ungerecht empfundenen Kostentragungspflicht des Auskunftsklägers, der die Stufenklage im Zweifel nur zur Vermeidung der Verjährung seines Zahlungsanspruchs erhoben hat. Daher gesteht der BGH ihm einen materiellrechtlichen Schadensersatzanspruch bzgl. der angefallenen Kosten der unbegründeten Zahlungsklage zu, wenn diese bei rechtzeitiger Auskunftserteilung vermeidbar gewesen wäre. Diesen Schadensersatzanspruch kann der Kläger entweder in ...