Rz. 257
Schuldner des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB sind, wie beim ordentlichen Pflichtteilsanspruch, grundsätzlich der oder die Erben. Nur in Ausnahmefällen, wenn der Erbe nicht verpflichtet ist, kann auch der Beschenkte in Anspruch genommen werden (§ 2329 BGB). Dieser haftet nur, wenn der Erbe zur Pflichtteilsergänzung "nicht verpflichtet" ist, § 2329 Abs. 1 S. 1 BGB. Das ist der Fall, wenn
▪ |
feststeht, dass kein Nachlass vorhanden bzw. der Nachlass überschuldet ist; |
▪ |
der Erbe nur beschränkt auf den Nachlass bzw. nur als Teilschuldner haftet; und |
▪ |
der Nachlass nicht zur Pflichtteilsergänzung ausreicht, §§ 1975 ff., 1990, 1991 Abs. 5, 2060 BGB, § 327 InsO. |
Rz. 258
Grundsätzlich ist die Einrede der Dürftigkeit des Nachlasses ausreichend. Allein die Überschuldung des Nachlasses ohne Erhebung der Dürftigkeitseinrede gem. § 1990 BGB führt führt jedoch noch nicht zur subsidiären Haftung des Beschenkten gem. § 2329 Abs. 1 BGB, vielmehr muss der Erbe die Dürftigkeitseinrede geltend machen.
Rz. 259
Weitere Voraussetzung ist, dass der Erbe die Pflichtteilsergänzung nach § 2328 BGB verweigern kann. Auch hier muss die Einrede erhoben werden. Grundsätzlich sollten an die Erhebung der Einrede aber keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Die Erhebung der Einrede kann schon bei bloßer Verweigerung der Pflichtteilsergänzung angenommen werden. Ob die Unterstellung der Einredeerhebung ausreicht, ist aber zweifelhaft.
Rz. 260
Bislang noch nicht entschieden ist die Frage, ob der Pflichtteilsberechtigte sich auch dann an den Beschenkten halten kann, wenn der verpflichtete und unbeschränkt haftende Erbe zahlungsunfähig ist. Im Ergebnis ist nach hiesiger Auffassung davon auszugehen, dass der Beschenkte nach dem Willen des Gesetzgebers nur subsidiär haftet, nämlich nur dann, wenn der Erbe ausnahmsweise nicht in Anspruch genommen werden kann. Der Gesetzgeber bürdet ihm gerade nicht das Insolvenzrisiko des Erben auf. Denn der Beschenkte kann sich – anders als der Erbe – gegenüber dem Pflichtteilsergänzungsberechtigten auf den Einwand der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen. Eine weitere Privilegierung des Beschenkten zeigt sich in den Vorschriften über die Verjährung. Hat der Erblasser mehrere Personen durch zeitlich aufeinander folgende Zuwendungen beschenkt, so haftet der frühere Beschenkte nur, soweit der später Beschenkte nicht verpflichtet ist, § 2329 Abs. 3 BGB. Die Vorschrift entspricht § 528 Abs. 2 BGB.