Rz. 85
Die Fälle häufen sich, in denen der Erbe unbekannt bleibt. Immer mehr Menschen leben allein, so dass im Fall des Todes eines Menschen meist ein langer Zeitraum verstreicht, innerhalb der dem Vermieter die Erzielung von Mieteinnahmen unmöglich gemacht wird.
Verfügt der Vermieter über eine Mietkaution, so ist lediglich ein Übergangszeitraum gesichert. Sind jedoch die Schönheitsreparaturen unerledigt geblieben, so deckt die Kaution den Schadensersatz und den entgangenen Mietzins oft nicht.
Mit ein wenig Glück ist der Mietzins über Daueraufträge gesichert. Aber auch hier lauern für den Vermieter Widrigkeiten: Ist der Verstorbene Rentner, stehen dem Rentenversicherer vielleicht sogar Rückforderungsansprüche zu, die der Rentenversicherungsträger dann möglicherweise direkt gegenüber dem Vermieter nach § 118 Abs. 4 SGB VI geltend machen kann, womit sich der ausgelöste Dauerauftrag beim finanziell "am Limit" lebenden Mieter als Bumerang erweist.
a) Erbenermittlung
Rz. 86
Dem Vermieter bleibt oft nichts anderes übrig, als alle zumutbaren Wege zu beschreiten, um die Erben selbst zu ermitteln. Kümmern sich vielleicht Nachbarn um die Abwicklung des Nachlasses, so ist zu empfehlen, sich mit diesen auf eine Kündigung des Mietverhältnisses zu verständigen. Erhält der Vermieter auf diesem Weg eine Kündigung, besteht zumindest die Chance, dass dieses Rechtsgeschäft später von den Erben genehmigt wird. Bedenklich ist diese Konstruktion durchaus, denn die Kündigung verträgt einen Schwebezustand nicht, womit hiermit freilich der "sicherste Weg" nicht beschritten ist.
b) Nachlassgericht
Rz. 87
Empfehlenswert ist daher, das Nachlassgericht zu informieren und eine Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB zugunsten der unbekannten Erben zu beantragen. Das Nachlassgericht hat ihm Einsicht in die Nachlassakten zu gewähren, da er ein berechtigtes Interesse vorweisen kann. Zur Glaubhaftmachung reicht üblicherweise die Vorlage des Mietvertrags aus.
Die Nachlasspflegschaft wird üblicherweise nicht angeordnet, wenn die Kosten aus dem Nachlass nicht gedeckt werden können. Daher werden regelmäßig Informationen abgefordert, um zu ermitteln, ob der Nachlass dürftig ist. Kann der Vermieter mit diesen Informationen nicht dienen, sollte er sich überlegen, ob er sich notfalls gegenüber dem Nachlassgericht für die entstehenden Kosten einstandspflichtig zeigt, wenn er nur so seine Kündigung erklären kann. Die Kosten bestimmen sich nach den §§ 8 GNotKG i.V.m. 12311 KV GNotKG (Kostenverzeichnis). Dieser Schritt ist manchmal günstiger, als über Monate bezüglich des Mietobjekts handlungsunfähig zu sein.
Ist ein Nachlasspfleger bestellt, so kann der Vermieter gegenüber diesem die Kündigung des Mietverhältnisses erklären, das Vermieterpfandrecht geltend machen oder gar einen Mietaufhebungsvertrag schließen.
c) Anfrage Standesamt
Rz. 88
Zudem könnte eine Nachfrage beim Standesamt hilfreich sein, um mögliche Abkömmlinge zu ermitteln. Auch dort muss ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht werden.
d) Nachlassgegenstände
Rz. 89
Besonders problematisch ist in diesen Fällen die Verwahrung der Nachlassgegenstände des Verstorbenen. Soweit der Vermieter wirksam sein Vermieterpfandrecht geltend gemacht hat, steht der Verwertung nichts entgegen. Vorsicht ist jedoch dennoch geboten: eine sorgfältige Dokumentation ist zu empfehlen. Ohne weiteres darf der Vermieter die Gegenstände nicht entsorgen, so dass dem Vermieter oft nichts anderes übrig bleibt als diese Gegenstände zu verwahren. Zeitliche Grenzen für die Verwahrung sind unbekannt und sind von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängig. Sind die Gegenstände, die zurückgelassen werden wertlos, so kann auch mit der Aufgabe des Eigentums argumentiert werden nach § 959 BGB und die Entsorgung der Gegenstände in die Wege geleitet werden. Üblicherweise wird die Entsorgung jedoch erst dann erfolgen können, wenn den Erben bzw. dem Nachlasspfleger eine angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt wurde.
Freilich können die hierfür entstehenden Kosten von den Erben einverlangt werden. Ist der Nachlass werthaltig, kann mit dem Ausgleich der Forderung auch gerechnet werden. Üblicherweise ist in diesen Fällen der Nachlass dürftig, so dass der Vermieter neben dem zeitlichen Aufwand auch auf den Kosten sitzenbleibt.
Weder das Mietrecht noch das Erbrecht schützen den Mietern in dieser konkreten Situation ausreichend. Es bleibt dem Vermieter deshalb nichts anderes übrig, als alles daran zu setzen, den Schaden durch eigenes Engagement – aber in den gesetzlich zulässigen Grenzen des § 858 BGB – zu minimieren.