Rz. 1

Sobald mehr als ein Erbe einen Nachlass antritt, bilden die Miterben eine Erbengemeinschaft. In der täglichen Beratungspraxis ergeben sich Fragestellungen für Erbengemeinschaften mit bestehenden Mietverhältnissen über Wohn- oder Gewerberaum daher sowohl aus Vermieter- als auch aus Mietersicht. Die Rechtsfolgen dieser Verträge regeln sich nicht alleine nach den §§ 1922 ff. BGB. Vielmehr gehen die speziellen Regeln des Mietrechts vor. Dem Wunsch derjenigen, die mit dem Tod einer Partei das Ende des Vertragsverhältnisses herbeiführen möchten, wird das Gesetz nicht entsprechen, denn das Mietverhältnis endet nicht automatisch mit dem Tod einer der Vertragsparteien. So hat bereits das BVerfG herausgearbeitet, dass der Mietbesitz eine Eigentumsposition darstellt, die es zu schützen gilt.[1]

 

Rz. 2

Stirbt ein Mieter, so wird das Mietverhältnis mit den Erben fortgesetzt. Gleich, ob es sich um die gesetzlichen, testamentarischen oder die Erben aufgrund eines Erbvertrags handelt. Dort, wo die Position des Erben und jene der Mitbewohner auseinander fallen, können soziale Härten auftreten, die es erforderlich gemacht haben, ein Regelungswerk aufzustellen, welches auf diese Interessen Rücksicht nimmt. So wurde durch den Gesetzgeber der erbrechtliche Grundsatz der Universalsukzession in einzelnen Punkten durchbrochen, mit der Folge, dass Erben und zukünftige Mietvertragspartner auseinander fallen können. Nachfolgend wird auch diese Sonderrechtsnachfolge erläutert.

Hat der Vermieter jedoch eine Wohnung aufgrund des ihm zustehenden Nießbrauchsrechts vermietet, so werden seine Erben nach seinem Tod nach den Grundsätzen der Universalsukzession verpflichtet.[2]

Dasselbe gilt dort, wo die Erbengemeinschaft das Mietverhältnis nach dem Tod des Erblassers nicht weiterführt. Dort kann die Erbengemeinschaft den Kautionsrückzahlungsanspruch und die Auszahlung des Nebenkostenguthabens direkt an die Erbengemeinschaft verlangen.[3]

 

Rz. 3

Besteht eine Erbengemeinschaft, ergibt sich aus der Natur der Sache, dass die Mieter- oder Vermieterposition von einer Mehrheit von Personen ausgefüllt wird. Die Verwaltung von Nachlassgegenständen durch eine Mehrheit von Personen ist in der Praxis nicht unproblematisch. Ursächlich hierfür ist nicht nur die knappe Verwaltungsregelung im BGB Für Streit sorgen die oft sehr unterschiedlichen Interessen der Erben, die in der Erbengemeinschaft aufeinander treffen. Präferiert beispielsweise einer der Erben die Reinvestition des Mietertrags in die Immobilie, um diese stets in tadellosem Zustand zu wissen, während ein Miterbe die Priorität auf die Ausschüttung des Mietertrags legt, liegt der Interessenswiderstreit schon deutlich auf der Hand.

 

Rz. 4

Ausgehend von § 2038 BGB ist festzuhalten, dass ein abgestuftes System der Verwaltung des Nachlasses vom Gesetzgeber vorgegeben wird. Danach erfordert die außerordentliche Verwaltung nach § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB einstimmiges Handeln der Miterben. § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB regelt die ordnungsgemäße Verwaltung, wofür ein Mehrheitsbeschluss genügt und § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB regelt die notwendige Verwaltung und gibt hier einem Miterben allein die Möglichkeit zum Handeln (zu Einzelheiten der Verwaltung der Erbengemeinschaft siehe § 4 Rdn 50 ff.

 

Rz. 5

Der Begriff der Verwaltung ist weit und erfasst damit sowohl das Innen- als auch das Außenverhältnis.[4] Gemeinschaftliches Handeln erfordert einstimmiges Verhalten im Innenverhältnis und einvernehmliches (deutlich erkennbares) Auftreten aller Miterben im Außenverhältnis.

 

Rz. 6

Unter dem Begriff der außerordentlichen Verwaltung sind Maßnahmen zu verstehen, die für den Nachlass eine erhebliche Bedeutung haben. Die ordnungsgemäße Verwaltung erfasst alle Maßnahmen, die der Beschaffenheit des Nachlassgegenstandes und dem Interesse aller Miterben dienen.[5]

 

Rz. 7

Auch bei der ordnungsgemäßen Verwaltung ist vom Grundsatz her Einstimmigkeit erforderlich. Doch trifft § 2038 Abs. 2 BGB eine Ausnahmeregelung. Hier kommen über § 2038 Abs. 2 BGB die Regeln der Gemeinschaft gem. §§ 743, 745, 746, 748 BGB zur Anwendung und über die Verweisung in § 2042 Abs. 2 BGB jene der §§ 749 Abs. 2, 3 und 750–758 BGB. Dies gilt freilich nur dort, wo die Vermieter keine Gesellschaft bilden. Bei der Verwaltung der gemeinsam vermieteten Sache finden somit die §§ 745, 749 und 754 BGB Anwendung. Dies bedeutet, dass die ordnungsgemäße Verwaltung der Mietsache durch Stimmenmehrheit entschieden werden kann, wodurch zugleich die gesetzliche Befugnis der Mehrheit zur Vertretung der Minderheit begründet wird.[6] Wird nämlich ein wirksamer Beschluss innerhalb der Erbengemeinschaft gefasst, so erhält die Mehrheit der Erben über §§ 2038 Abs. 2 S. 1, 745 Abs. 1 BGB eine gesetzliche Vertretungsmacht zur Vertretung der übrigen Erben beim Abschluss von Rechtsgeschäften, die keine Verfügungen darstellen.[7] Für die äußere Form der Beschlussfassung gibt es keine Vorgaben.[8]

 

Rz. 8

Liegt ein Mehrheitsbeschluss vor, so sind auch die Erben, die diesen Beschluss nicht gestützt ...

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