Dr. iur. Stephanie Herzog
I. (Schwebend) Unwirksames Rechtsgeschäft
1. Vertrag schwebend unwirksam
Rz. 3
Wird der Bevollmächtigte aufgrund unwirksamer Vollmacht nach außen hin tätig, so ist ein mit dem Dritten geschlossener Vertrag schwebend unwirksam; dies gilt auch für dingliche Geschäfte wie die Auflassung. Nach § 177 Abs. 2 BGB hängt das Rechtsgeschäft von der Genehmigung des Vertretenen ab. Während dieser Schwebezeit bestehen keine Erfüllungspflichten aus dem Vertrag.
2. Widerruf durch den Vertragspartner
Rz. 4
Der andere Teil, sprich der Vertragspartner, kann den Schwebezustand durch Widerruf beenden. § 178 S. 1 Hs. 1 BGB gibt ihm hierzu ein eigenes Widerrufsrecht, das er gegenüber dem Vertretenen, seinem Vertragspartner oder gemäß § 178 S. 2 BGB auch gegenüber dem Vertreter erklären kann. Den Widerruf kann auch der Vertragspartner noch erklären, der nach § 177 Abs. 2 BGB zur Erklärung über die Genehmigung aufgefordert hat, solange diese noch nicht (ihm gegenüber, siehe unten Rdn 12) erteilt wurde. Ein Widerrufsrecht hat nur der Vertragspartner nicht, der den Mangel der Vertretungsmacht bei Vertragsschluss kannte, § 178 S. 1 Hs. 2 BGB. Hier schadet nur positive Kenntnis; Kennenmüssen genügt nicht.
Rz. 5
Der Widerruf kann sowohl dem Vertreter als auch dem Vertretenen gegenüber erklärt werden und ist formlos möglich. Die Erklärung muss aber erkennen lassen, dass der Widerruf wegen fehlender Vertretungsmacht erfolgt. Dies kann auch konkludent, z.B. durch Geltendmachung von Bereicherungsansprüchen, erfolgen. Der Widerruf darf aber nicht treuwidrig erfolgen.
Rz. 6
Bei wirksamem Widerruf kann der Vertragspartner sich weder an den Vertretenen noch nach § 179 BGB an den Vertreter halten.
Muster 19.1: Widerruf des Vertrages, den der falsus procurator geschlossen hat, nach § 178 BGB
Muster 19.1: Widerruf des Vertrages, den der falsus procurator geschlossen hat, nach § 178 BGB
An _________________________
_________________________ ; hier: Widerruf nach § 178 BGB
Sehr geehrte(r) _________________________,
in o.g. Sache teilen wir mit, dass wir die Interessen von _________________________ vertreten. Eine uns legitimierende Vollmacht legen wir diesem Schreiben im Original anbei.
Am _________________________ hat unser Mandant mit _________________________ einen Vertrag über _________________________ geschlossen. Diesen fügen wir hier in Kopie noch einmal anbei. _________________________ hat diesen Vertrag in Ihrem Namen, aber ohne Vertretungsmacht geschlossen. Dies hat er bei Vertragsschluss nicht offengelegt. Wir haben hiervon erst durch _________________________ am _________________________ erfahren. Hiermit widerrufen wir die auf den Vertragsschluss gerichtete Erklärung unseres Mandanten und den gesamten Vertrag. Der Vertrag gilt damit als nicht geschlossen.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt/Rechtsanwältin
3. Kein Schwebezustand bei einseitigen Rechtsgeschäften
Rz. 7
Bei einseitigen Rechtsgeschäften gelten nicht die §§ 177 f. BGB, sondern § 180 BGB. Einseitige Rechtsgeschäfte erlauben grundsätzlich keinen Schwebezustand. Die Erklärung ist unwirksam nach § 180 S. 1 BGB.
Rz. 8
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erklärungsgegner die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht beanstandet hat oder er damit einverstanden gewesen ist, dass der Vertreter ohne Vertretungsmacht handelt, § 180 S. 2 BGB, bzw. wenn das Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnis vorgenommen wird. In diesen Fällen finden die Vorschriften über Verträge entsprechende Anwendung, § 180 S. 2 BGB und es gelten die oben (Rdn 3 ff.) dargestellten Grundsätze. Eine Beanstandung, die die Anwendbarkeit von § 180 S. 2 BGB ausschließt und zu § 180 S. 1 BGB zurückkehren lässt, muss eine Zurückweisung des Rechtsgeschäfts wegen mangelnder Vertretungsmacht enthalten.
Rz. 9
Auch bei Prozesshandlungen gilt nicht § 180 S. 1 BGB; vielmehr ist § 89 ZPO lex specialis.
II. Genehmigung
Rz. 10
Genehmigt der Vertretene das Rechtsgeschäft, so ist es von Anfang an wirksam; denn die Genehmigung hat Rückwirkung. Die Genehmigung kann gegenüber dem Vertreter oder dem anderen Teil, dem Vertragspartner, erklärt werden (§ 182 Abs. 1 BGB).
Rz. 11
Ist der Vertretene geschäftsunfähig, so kann die Genehmigung nur von einem anderen wirksam Bevollmächtigten oder einem Betreuer erklä...