Rz. 17

Im Prozess, in dem vom Vertretenen Erfüllung verlangt wird, trägt derjenige, der aus dem Rechtsgeschäft Rechte herleiten will, also der Vertragspartner, die Beweislast dafür, dass die Erklärungen des Vertreters mit Vertretungsmacht abgegeben worden sind und die konkrete Erklärung von der Vertretungsmacht gedeckt war.[29] Gelingt dieser Nachweis nicht, so kann er den Vertretenen nach § 179 BGB in einem zweiten Prozess in Anspruch nehmen (siehe oben Rdn 14 ff.). In diesem zweiten Prozess könnte sich der Vertretene aber auf eine wirksame Bevollmächtigung berufen und diese nachweisen; hierfür trägt er gemäß § 177 Abs. 1 Hs. 1 BGB die Beweislast.

 

Rz. 18

Um zu verhindern, dass beide Prozesse widersprüchlich entschieden und aus Sicht des Vertragspartners verloren werden, muss dem Vertreter im Prozess gegen den Vertretenen der Streit verkündet werden. Die Voraussetzungen hierfür werden in erweiternder Auslegung von § 72 ZPO allgemein bejaht,[30] weil entweder die Vollmacht besteht und dann der Anspruch gegen den Vertretenen besteht oder eben nicht, woraufhin der Vertreter in Anspruch genommen werden kann. Die beiden Ansprüche stehen also in einem Alternativverhältnis zueinander. Nur durch eine Streitverkündung kann Bindungswirkung in Bezug auf die Frage der Vertretungsmacht hergestellt werden. Dies gilt im Fall der (fehlenden) Vertretungsmacht ausnahmsweise auch bei einem non liquet im Vorprozess, da im Folgeprozess nicht erneut der klagende Vertragspartner beweislastpflichtig ist, sondern der Streitverkündete, sprich der Vertreter selbst;[31] in diesem Fall steht die Nichterweislichkeit der Tatsache zu Lasten des Streitverkündeten fest.

Muster 19.4: Streitverkündung

 

Muster 19.4: Streitverkündung

An das

_________________________ gericht

In dem Rechtsstreit

_________________________ (Dritter)/ _________________________ (Vollmachtgeber)

verkünden wir namens und in Vollmacht des Klägers

dem _________________________ (Bevollmächtigten)

den Streit, verbunden mit der Aufforderung,

dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beizutreten.

Das Gericht wird gebeten,

diesen Schriftsatz nebst anliegender Kopie der Klageschrift und der Klageerwiderung dem Streitverkündeten alsbald zuzustellen.

Begründung:

Der Kläger verlangt von dem Beklagten Erfüllung eines Vertrages, den der Streitverkündete im Namen des Beklagten mit dem Kläger am _________________________ geschlossenen hat. In seiner Klageerwiderung hat der Beklagte eingewendet, dass der Streitverkündete ohne Vertretungsmacht gehandelt und er den Vertrag auch nicht genehmigt hat. Für den Fall, dass der Einwand des Beklagten zutrifft und der Kläger aus diesem Grunde im Prozess gegen den Beklagten unterliegt, hätte der Kläger gegen den Streitverkündeten Ansprüche aus § 179 BGB.

Der Stand des Prozesses ergibt sich aus der anliegenden beglaubigten Ablichtung der Klageschrift und der Klageerwiderung.

Das Gericht hat das schriftliche Vorverfahren angeordnet, jedoch bisher keinen Haupttermin bestimmt und auch sonst keine prozessleitenden Anordnungen getroffen.

Rechtsanwalt/Rechtsanwältin

[29] BGH, Urt. v. 17.9.1998 – III ZR 174/97, NJW-RR 1999, 361; BGH, Urt. v. 31.1.1974 – II ZR 173/72, NJW 1974, 748.
[30] Zöller/Althammer, § 72 Rn 8; BeckOGK BGB/Huber, § 164 Rn 104; BGH, Urt. v. 8.10.1981 – VII ZR 341/18, NJW 1982, 281 und OLG Köln, Urt. v. 22.2.1991 – 19 U 159/90, NJW-RR 1992, 119.
[31] BGH, Urt. v. 9.11.1982 – VI ZR 293/79, NJW 1983, 820; OLG Düsseldorf, Urt. v. 29.11.1991 – 22 U 149/91, NJW 1992, 1176.

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