Eberhard Rott, Dr. Michael Stephan Kornau
Rz. 10
Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen, kurz Bundesteilhabegesetz (BTHG), welches der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention dient, wurden Anfang 2017 neue Vermögensfreibeträge in das bestehende Recht inkorporiert. Es wurden vier Reformstufen vorgesehen, die nach und nach als Änderungen selbstständiger Gesetzbücher wirksam werden.
Rz. 11
Die bereits am 1.1.2017 in Kraft getretene erste Reformstufe des BTHG soll Verbesserungen in der Einkommens- und Vermögensberücksichtigung im SGB XII schaffen. Insbesondere wurde bereits die Höhe des Einkommensfreibetrages für Bezieher der Eingliederungshilfe bzw. Hilfe zur Pflege geändert.
Seit dem 1.1.2018 gilt auch die zweite Reformstufe, die Teile des SGB IX, insbesondere das für alle Rehabilitationsträger geltende Teilhabe- und Verfahrensrecht, abändert. Neben der Einführung eines neuen "Behindertenbegriffs", wurden u.a. die Leistungsgruppen erweitert, neue Beratungsstrukturen eingearbeitet und einheitliche Instrumente zur Bedarfserkennung und Bedarfsermittlung geschaffen.
Die 2020 in Kraft getretene dritte Reformstufe löst die Eingliederungshilfe aus dem SGB XII heraus und fügt sie als neuen Teil 2 ins SGB IX ein ("Besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen (Eingliederungshilferecht"). Das SGB IX wird damit zu einem echten Leistungsgesetz. Der Vermögensfreibetrag für Empfänger von Eingliederungshilfe wurde erheblich angehoben.
Die vierte Reformstufe wird u.a. eine neue Definition des leistungsberechtigten Personenkreises in § 99 SGB IX enthalten. Sie ist für 2023 vorgesehen.
Rz. 12
Für die Gestaltung des Behindertentestaments gelten derzeit – je nach Art der Sozialleistung – folgende zu beachtende Freibeträge:
Nach § 136 Abs. 2 SGB IX beträgt der Vermögensfreibetrag für Empfänger von Eingliederungshilfe mindestens 60 % der jährlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. Die Bezugsgröße i.S.d. § 18 Abs. 1 SGB IV beträgt im Jahr 2022 jährlich 39.480 EUR und monatlich 3.290 EUR. Die Bezugsgröße (Ost) beträgt im Jahr 2022 jährlich 37.800 EUR und monatlich 3.150 EUR.
Rz. 13
Das Vermögen des im gleichen Haushalt wohnenden Ehe- oder Lebenspartners des Behinderten wird weiterhin angerechnet. Dies folgt aus dem weiterhin geltenden § 19 Abs. 3 SGB XII, wonach Leistungen nur dann erfolgen, soweit der leistungsberechtigten Person und ihren nicht getrennt lebenden Partnern die Aufbringung der Mittel aus ihrem Einkommen und Vermögen nicht zumutbar ist. Die Grenze für diese Zumutbarkeit ergibt sich aus §§ 85 ff., 90 SGB XII. Für Bezieher von Eingliederungshilfe soll die Anrechnung des Vermögens des nichtbehinderten Partners ab 2020 abgeschafft werden, für Bezieher sonstiger Leistungen bleibt es hingegen vorerst bei der bisherigen Regelung.
Rz. 14
Der für Bezieher von Hilfe zur Pflege mit dem neuen § 66a SGB XII ebenfalls neu eingeführte zusätzliche Vermögensfreibetrag für die Lebensführung und die Alterssicherung in Höhe von 25.000 EUR muss ganz oder überwiegend aus dem eigenen Arbeitseinkommen während des Bezugs der Hilfe zur Pflege angespart worden sein. Das Vermögen darf also nicht aus einer Erbschaft oder Schenkung stammen, was bei der Gestaltung des Behindertentestaments unbedingt berücksichtigt werden muss.
Rz. 15
Der Schonbetrag für alle Leistungsbezieher, inklusive Empfänger von Grundsicherung, wurde von 2.600 EUR auf 5.000 EUR angehoben.
Bei einer Leistungskombination ist grundsätzlich immer die restriktivste Regelung zur Anrechnung des Vermögens maßgeblich.