Prof. Dr. Robert Koch, Moritz Rumpff
Rz. 27
Der Status als Vertrauensperson ist von wesentlicher Bedeutung in der Vertrauensschadenversicherung. Abgesehen von der Versicherung von Schäden, die durch Dritte verursacht werden (§§ 10 ff. AVB-VSV), besteht Deckung nur, sofern eine Vertrauensperson für die Herbeiführung eines Eigen- oder Fremdschadens verantwortlich gemacht werden kann. Die zum Kreis der Vertrauenspersonen zählenden Personen werden abschließend in § 29 AVB-VSV festgelegt. Dazu zählen Arbeitnehmer, Aushilfen, Volontäre, Auszubildende, Praktikanten, Heimarbeiter und Gaststudenten (Nr. 1), wobei es auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages nicht ankommt, sodass auch Personen, die aufgrund eines rein faktischen Arbeitsverhältnisses für das versicherte Unternehmen tätig sind, Vertrauenspersonen sind.
Rz. 28
Vertrauenspersonen sind auch Vorstände, Geschäftsführer, Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräte eines versicherten Unternehmens, sofern diese wirksam bestellt worden sind und mit nicht mehr als 30 % direkt oder indirekt am versicherten Unternehmen beteiligt sind. Der Versicherungsschutz für diese Personen setzt voraus, dass sie sich durch die schadensstiftende Handlung selbst rechtswidrig bereichert haben (§ 30 Nr. 1 AVB-VSV). Die Begrenzung dient erkennbar dem Zweck, lediglich zweifelhafte wirtschaftliche Entscheidungen, die gleichwohl den Tatbestand einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung erfüllen, aus der Deckung herauszunehmen, um nicht das unternehmerische Risiko zu versichern. Problematisch ist weiter die Rechtsnatur der Regelung und damit die Beweislast für das Vorliegen einer rechtswidrigen Bereicherung durch die Vertrauensperson. Es besteht nach hier vertretener Ansicht keine Veranlassung, vom insoweit eindeutig eine primäre Risikoumschreibung enthaltenden Wortlaut ("besteht nur dann Versicherungsschutz") abzuweichen, sodass der VN die rechtswidrige Bereicherung der Vertrauensperson darlegen und beweisen muss.
Rz. 29
Weitere Vertrauenspersonen sind neben Zeitarbeitskräften (§ 29 Nr. 3 AVB-VSV) auch für ein versichertes Unternehmen tätige Personen, wobei sich der Status als Vertrauensperson auf alle solche Personen erstreckt, die sich berechtigt in den Räumen oder auf dem Betriebsgelände des versicherten Unternehmens aufhalten (Nr. 4). Nicht mehr erforderlich ist eine arbeitnehmerähnliche Stellung dieser Personen, sodass grundsätzlich etwa auch nur temporär anwesende Handwerker oder zwecks Vertragsverhandlungen anwesende Vertragspartner zum Kreis der Vertrauenspersonen zählen. Unabhängig vom Aufenthalt sind Vertrauenspersonen die mit der Installation, Wartung oder Betreuung von EDV-Geräten (Hardware) oder mit der Entwicklung, Wartung oder Betreuung von EDV-Programmen (Software) betrauten Personen und Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie deren Angestellte, die im Auftrag des versicherten Unternehmens für dieses berufsübliche Dienstleistungen erbringen. Für diese Gruppe von Vertrauenspersonen nach § 29 Nr. 3-6 AVB-VSV besteht nach § 30 Nr. 2 AVB-VSV) Versicherungsschutz unter dem (zeitlichen) Vorbehalt, dass kein Schadensersatz von einem Dritten erlangt werden kann, der dem versicherten Unternehmen gegenüber für den Schaden ganz oder teilweise haftet. Kann die Schadensersatzpflicht dieses Dritten nämlich nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Anzeige des Versicherungsfalles ganz oder teilweise geklärt werden, ersetzt der Versicherer gleichwohl den Schaden (gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche, die dem versicherten Unternehmen gegen den Dritten zustehen).
Rz. 30
Die Eigenschaft als Repräsentant des VN begründet für sich allein nicht den Status als Vertrauensperson, wenn auch häufig aufgrund der bedingungsmäßigen Tätigkeitsanknüpfung zugleich eine Qualifizierung als Vertrauensperson in Betracht kommen wird. Daran kann nach heutiger Fassung der AVB-VSV kein Zweifel mehr bestehen, da in § 29 AVB-VSV die Vertrauenspersonen und in § 43 AVB-VSV die Repräsentanten eine abschließende Auflistung erfahren.
Rz. 31
Gem. § 34 AVB-VSV werden mit den in § 29 Nr. 1-6 AVB-VSV genannten Personen vergleichbare Personen in Tochterunternehmen unter der Bezeichnung "lokale Person" in den Versicherungsschutz einbezogen. Wenngleich diese Personen ausdrücklich nicht als Vertrauenspersonen bezeichnet werden, ist der Deckungsumfang bei Vertrauenspersonen und lokalen Personen zumindest im Rahmen der Deckung "Global" weitgehend gleich. Eine Ausnahme stellen etwa die Deckung für wissentliche Pflichtverletzungen (§ 9 AVB-VSV; s. Rdn 44) und die hiermit im Zusammenhang stehenden externen Rechtsverfolgungskosten (§ 24 Nr. 1 b bb AVB-VSV) dar.
Rz. 32
Die Vertrauensperson muss zum Zeitpunkt der Schadenverursachung einen entsprechend der aufgezeigten Fallgruppen einzuordnenden Status im Unternehmen eingenommen haben, vgl. § 29 Hs. 1 AVB-VSV. Ist bei einem mehraktigen Verletzungsgeschehen der Schaden erst später und/oder nur durch das Hinzutreten weiterer Tatsachen eingetreten, liegt kein gedehnter Versicherungsfall vor. ...