Prof. Dr. Robert Koch, Moritz Rumpff
Rz. 73
In den Versicherungsschutz aus der VSV ist neben dem VN auch ein mitversichertes Unternehmen nach Maßgabe der Anknüpfungstatbestände des § 33 AVB-VSV einbezogen. Durch die Mitversicherung von Unternehmen, auf die der V beherrschenden Einfluss ausüben kann, stellt sich die VSV als kombinierte Eigen- und Fremdversicherung dar. Auf die Fremdversicherung finden die Regelungen der §§ 43 ff. VVG Anwendung. In Übereinstimmung mit §§ 44 Abs. 1, 45 Abs. 1 VVG trifft § 42 Abs. 1 und 2 AVB-VSV Regelungen bezüglich der formellen und materiellen Berechtigung aus dem Versicherungsvertrag. § 42 Abs. 3 und 4 AVB-VSV enthalten Sonderregelungen. Abweichend von § 47 VVG müssen sich die mitversicherten Unternehmen deckungsschädliche Kenntnis und Erklärungen und deckungsschädliches Verhalten von Tochterunternehmen des VN zurechnen lassen.
Rz. 74
Voraussetzung für die Mitversicherung ist die Möglichkeit des VN, in einer der in § 33 AVB-VSV genannten Weisen Kontrolle über das mitzuversichernde Unternehmen auszuüben. Während frühere Bedingungswerke nur einen Teil möglicher Kontrollmechanismen in den Anwendungsbereich der Norm aufnahmen, ist die aktuelle Fassung der Mitversicherungsklausel an § 290 Abs. 2 HGB angelehnt, der bilanzrechtliche Besonderheiten für die Erstellung des Konzernabschlusses aufstellt. Beherrschender Einfluss durch Kontrolle ist zunächst für die Fälle originärer Entscheidungskompetenz des VN anzunehmen, wenn über wesentliche Rechte und Pflichten des Tochterunternehmens durch das Halten der absoluten Mehrheit der Gesellschaftsanteile oder Stimmrechte entschieden werden kann. Daneben kommt ein derivativer Kontrollerwerb über das mitzuversichernde Unternehmen durch Unternehmensverträge, Satzungen oder dadurch in Betracht, dass der VN Gesellschafter ist und dabei das Recht hat, die Mehrheit der Mitglieder des Vorstandes oder eines vergleichbaren Leitungsorgans zu bestellen oder abzuberufen. Die Mitversicherung von Unternehmen, auf die der VN einen beherrschenden Einfluss ausübt und die keinem der Tatbestände des § 33 Nr. 1 AVB-VSV unterfallen, ist gem. § 33 Nr. 2 AVB-VSV von der Einwilligung des VR in Textform abhängig. Voraussetzung der Mitversicherung ist jeweils der Sitz des mitzuversichernden Unternehmens in einem Staat des EWR oder einem Drittstaat, in dessen Gebiet der VR Versicherungsgeschäfte betreiben darf.
Rz. 75
Für die Frage, ob eine Mitversicherung über die bedingungsmäßigen Anknüpfungsmerkmale hinaus auch bei weiteren, insbesondere faktischen Beherrschungsmöglichkeiten möglich ist, muss angesichts des Wortlauts des § 33 AVB-VSV zunächst von einer abschließender Regelung ausgegangen werden, wobei aber auf Seiten des VN im Einzelfall durchaus ein berechtigtes (Leistungs-) Interesse an einer erweiterten Auslegung bestehen kann. Indem beherrschte Unternehmen gem. § 33 Nr. 2 AVB-VSV aber nicht automatisch, sondern bedingungsgemäß nur dann in den Versicherungsschutz einbezogen sind, sofern der VN die Mitversicherung beantragt und der Versicherer ihr zustimmt, ist dem Bedürfnis des Versicherers Rechnung getragen, das Risiko bei nachträglicher (subjektiver) "Gefahrerhöhung" zu begrenzen.