Prof. Dr. Robert Koch, Moritz Rumpff
Rz. 86
Mit Eintritt des Schadenfalls und der Leistung des Versicherers geht der Schadensersatzanspruch des VN nach Maßgabe des § 86 Abs. 1 S. 1 VVG gem. § 57 AVB-VSV auf den VR über. Hiervon erfasst sind gem. §§ 412, 401 BGB alle Neben- und Vorzugsrechte, insb. Sicherungsrechte. Die von der cessio legis nicht erfassten, nicht akzessorischen Sicherungsrechte gegen den Schädiger hat der VN dem VR ebenso abzutreten, wobei in der Regulierungspraxis der VR stets mit dem Regulierungsschreiben eine notariell beglaubigte Abtretungserklärung ggf. zusammen mit dem Titel gegen den Schadenverursacher einholt.
Der Übergang umfasst Ansprüche gegen die schädigende Vertrauensperson, lokale Person sowie gegen einen etwaigen dritten Schädiger, wobei die (derzeitige) Unkenntnis von dessen Identität der Abtretung nicht entgegensteht. Hat eine Vertrauensperson, lokale Person oder ein Dritter neben dem vorsätzlich handelnden Täter (grob) fahrlässig zur Schadensentstehung beigetragen, gehen nicht nur die Schadensersatzansprüche gegen den vorsätzlich handelnden Täter, sondern im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Haftung auch die Schadensersatzansprüche gegen die fahrlässig handelnden Personen über.
Rz. 87
Sofern der Schaden die Versicherungssumme übersteigt oder eine Selbstbeteiligung vorgesehen ist, hat der VN gem. § 86 Abs. 1 S. 2 VVG gegenüber dem VR zumindest ein Befriedigungsvorrecht, das prozessual im Wege der Widerspruchsklage nach § 878 ZPO oder bei der Vollstreckung im Verteilungsverfahren nach §§ 872 ff. ZPO geltend gemacht werden kann. Häufig wird jedoch der in Höhe der Selbstbeteiligung beim VN verbleibende Anspruch bereits im Voraus an den VR abgetreten, wobei wegen der bestehenden Unklarheiten hinsichtlich des Quotenvorrechts des VN § 57 Abs. 2 AVB-VSV die Erweiterung enthält, dass insoweit eine Einziehung mit anschließender Regresserlösverteilung gemäß einer individualvertraglichen Absprache möglich ist.
Rz. 88
Problematisch stellt sich die Interessenswahrungsobliegenheit im Rahmen des § 86 Abs. 2 VVG bei einem möglichen Verzicht des VN auf einen Schadensersatzanspruch gegenüber seinem Mitarbeiter im Rahmen eines (arbeitsgerichtlichen) Vergleichs dar. Hier kann es sinnvoll sein, eine Widerrufsfrist zu vereinbaren, um nicht nur eine in der Höhe des durch den Verzicht ausfallenden Schadensersatzanspruchs verringerte Versicherungsleistung zu erhalten. Im Zusammenhang mit möglichen Reputationsverlusten des Unternehmens durch Rückforderungen des VR kann es u.U. für den VN sinnvoll sein, auf einen Teil der ihm zustehenden Entschädigungssumme in der Höhe zu verzichten, in der der VR beim VN regressieren würde.