Prof. Dr. Robert Koch, Moritz Rumpff
1. Schadensbegriff der VSV
Rz. 16
Ausgangspunkt der Deckung ist jeweils der Eintritt eines Schadens beim VN, einem versicherten Unternehmen oder einem Dritten. Entsprechend der für die Auslegung von Versicherungsbedingungen geltenden Regel, wonach feststehende Begriffe der Rechtssprache in diesem Sinne zu verstehen sind, ist der Schaden grundsätzlich anhand der §§ 249 ff. BGB, insbesondere anhand der Differenzhypothese und wertender Betrachtungen zu ermitteln.
In der VSV sind neben (reinen) Vermögensschäden auch Personen- und Sachschäden sowie daraus resultierende Vermögensschäden versichert, sofern sie das Kriterium der Unmittelbarkeit (hierzu Rdn 19 ff.) erfüllen. Es bedarf somit nicht mehr der Abgrenzung zwischen Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die in älteren Bedingungswerken im Hinblick auf den Ausschluss von Sach- und Personenschäden erforderlich war. Zu den Vermögensschäden zählen auch solche Schäden, die durch die konkrete Gefährdung des Vermögens eintreten, wenn diese nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine Verschlechterung der gegenwärtigen Vermögenslage bedeutet. Nicht versichert sind dagegen Nichtvermögensschäden, bei denen es an einer in Geld messbaren Einbuße fehlt, wie etwa bloße Reputations- und Imageschäden. An einem Vermögensschaden des versicherten Unternehmens fehlt es ebenfalls, wenn die Einbuße lediglich in einem Rückgang des Unternehmenswerts (etwa des Börsenkurses) besteht, ohne dass es zu einer Verminderung von Aktiva oder Vermehrung von Passiva kommt. In diesen Fällen liegt lediglich ein (Reflex-) Schaden der Anteilseigner des versicherten Unternehmens vor, die i.d.R. nicht unter der VSV versichert sind. Etwas anderes kann gelten bei dem Rückgang des Wertes eines Tochterunternehmens des versicherten Unternehmens, dessen Beteiligung (Aktivum) an Wert einbüßt (vgl. § 61 AVB-VSV).
Rz. 17
Gemäß § 55 AVB-VSV ist der ersatzfähige Schaden, der durch Verlust einer Sache entsteht, auf den Zeitwert der Sache begrenzt. Soweit der Schaden durch Beschädigung einer Sache entsteht, erfolgt eine Entschädigung in Höhe der tatsächlichen oder voraussichtlichen Wiederherstellungs- oder Wiederbeschaffungskosten, jeweils maximal bis zur Höhe des Zeitwerts dieser Sache. Beim Verlust von Daten erfolgt eine Entschädigung in Höhe der Wiederherstellungskosten, wobei es nach dem Wortlaut von § 55 AVB-VSV nicht darauf ankommt, ob die Daten auf einem Datenträger verkörpert waren.
2. Eigen-/Fremdschäden
Rz. 18
Unter der VSV sind vornehmlich Eigenschäden eines versicherten Unternehmens gedeckt, die diesem durch Vertrauenspersonen (§§ 1, 2, 5-8 AVB VSV) oder durch Dritte (§§ 10-16 AVB-VSV) zugefügt werden. Darüber hinaus besteht Deckung für Fremdschäden, d.h. Schäden, die einem Dritten durch eine Vertrauensperson zugefügt werden, für die das versicherte Unternehmen aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung Schadensersatz geleistet hat, wofür ihm ein Schadensersatzanspruch gegen den unternehmensinternen Verursacher zusteht (§§ 3, 4 AVB-VSV). Wenngleich insoweit Deckung für Fremdschäden besteht, erlangt die VSV auch im Fall der Schädigung Dritter nicht den Charakter einer Haftpflichtversicherung, da aus dem eindeutigen Wortlaut der §§ 3, 4 AVB-VSV kein Abwehr- und/oder Freistellungsanspruch folgt. Vielmehr setzt die Deckung voraus, dass das versicherte Unternehmen bereits Schadensersatz an den geschädigten Dritten geleistet hat und eine ihm gegenüber bestehende Schadensersatzpflicht der Vertrauensperson/lokalen Person unverzüglich nachweist. Gedeckt ist auch hier der durch die Ersatzleistung an den Dritten entstandene und insoweit auch hinreichend konkretisierbare Eigenschaden des VN.
3. Unmittelbare/mittelbare Schäden
Rz. 19
Grundsätzlich besteht in der VSV nur für solche Schäden Versicherungsschutz, die einem versicherten Unternehmen unmittelbar zugefügt werden (vgl. §§ 1-4 AVB-VSV). Mittelbare Schäden sind dagegen grundsätzlich gem. § 49 Nr. 1 AVB-VSV vom Versicherungsschutz ausgeschlossen; für sie besteht nur Versicherungsschutz, soweit die AVB dies ausdrücklich vorsehen, etwa in §§ 7, 17, 19 f. und 21 ff. AVB-VSV. Es ergibt sich ein kompliziertes Regelungsgefüge...