Prof. Dr. Robert Koch, Moritz Rumpff
1. Vertragsstrafen
Rz. 64
Nach § 17 AVB-VSV sind (wirksame) Vertragsstrafen i.S.d. § 339 BGB, § 348 HGB versichert. Der Anspruch auf die Zahlung der Vertragsstrafe muss durch den Eintritt eines Versicherungsfalles ausgelöst worden sein. In der Regel wird dies die vorsätzliche unerlaubte Handlung einer Vertrauensperson sein, aber auch auf die Schädigung der VN durch Dritte zurückzuführende Vertragsstrafen, etwa infolge eines Hackerangriffs, sind denkbar. Ansprüche versicherter Unternehmen auf Zahlung einer Vertragsstrafe sind gem. § 17 Abs. 2 AVB-VSV ausgenommen. In den AVB-VSV ist keine Sublimitierung der Deckung von Vertragsstrafen mehr vorgesehen.
2. Aufwendungen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs
Rz. 65
Gem. § 18 AVB-VSV sind nunmehr Aufwendungen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs, die binnen sechs Monaten nach dem Eintritt eines Versicherungsfalls getätigt wurden, gedeckt, soweit diese dem Grund und der Höhe nach auf den Versicherungsfall zurückzuführen sind. Eine Beschränkung auf Versicherungsfälle wegen Eingriffen Dritter in das EDV-System ist nicht mehr vorgesehen, sodass derartige Aufwendungen grundsätzlich bei allen Arten von Versicherungsfällen gedeckt sind. Neben digitalen oder physischen Eingriffen Dritter in die Betriebsorganisation kann etwa auch die Beschädigung einer Betriebsmaschine durch einen Mitarbeiter Aufwendungen nach § 18 AVB-VSV auslösen. In Abgrenzung zur Betriebsunterbrechungsversicherung erstreckt sich die Deckung hier nur auf die Mehrkosten zur Geschäftsfortführung, nicht aber auf den entgangenen Gewinn, sofern dieser nicht gesondert wiedereingeschlossen ist. Hier kann es zu einer Mehrfachversicherung (§§ 77 f. VVG) mit anderen Mehrkostenversicherungen kommen.
3. Kosten zur Minderung von Reputationsschäden
Rz. 66
Für Reputationsschäden besteht in der VSV bereits deswegen kein Versicherungsschutz, weil es sich um immaterielle Schäden handelt (s. Rdn 16) und daraus abgeleitete Vermögensschäden als mittelbar anzusehen wären. § 19 Abs. 2 AVB VSV stellt dies klar. Deckung besteht dagegen gem. §§ 19 Abs. 1 AVB-VSV für Kosten, die zur Minderung eines eingetretenen Reputationsschadens aufgewendet werden. Ein Reputationsschaden liegt gem. § 20 AVB-VSV vor, wenn aufgrund eines Versicherungsfalles durch Berichterstattung in den Medien die Glaubwürdigkeit eines versicherten Unternehmens und das ihm entgegengebrachte Vertrauen erschüttert worden sind. Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit ist die Beauftragung eines Dritten mit der Minderung von eingetretenen Reputationsschäden, nicht aber eine vorherige Abstimmung mit dem VR. Auch für Kosten zur Minderung eines eingetretenen Reputationsschadens sehen die AVB-VSV kein Sublimit mehr vor.
4. Schadensermittlungs- und Rechtsverfolgungskosten
Rz. 67
§§ 21 ff. AVB-VSV schließen Schadensermittlungs- und Rechtsverfolgungskosten, die typischerweise dem Bereich mittelbarer Schäden zuzuordnen und damit dem Grunde nach nicht erstattungsfähig sind, in den Deckungsumfang unter den dortigen Voraussetzungen ein. Voraussetzung für die Deckung ist jeweils, dass der VN entsprechende Zahlungen tatsächlich geleistet hat. Wegen der relativen Häufigkeit dieser Maßnahmen ist die Deckung solcher Kosten ein wichtiger Bestandteil der VSV, ohne den das Produkt stark an Attraktivität verlöre. Der Ersatz von Schadensermittlungs- und Rechtsverfolgungskosten wird gem. § 28 AVB-VSV auf 50 % bzw. 20 % der pro Versicherungsfall zur Verfügung stehenden Summe sublimitiert.
a) Schadensermittlungskosten
Rz. 68
Schadensermittlungskosten sind nach § 22 Abs. 1 AVB-VSV Aufwendungen, die ein versichertes Unternehmen zur Aufklärung des Schadenshergangs, zur Feststellung der Schadenhöhe oder zur Ermittlung des Schadenverursachers getätigt hat, wobei die Ersatzleistung des Versicherers nur erfolgt, sofern ein versicherter Schaden i.S.d. § 23 AVB-VSV, d.h. ein Anspruch gegen den VR auf Zahlung einer Entschädigung, besteht. § 22 Abs. 2 und 3 AVB-VSV unterscheidet zwischen externen und internen Schadensermittlungskosten.
Rz. 69
Externe Schadensermittlungskosten sind Zahlungen, die das versicherte Unternehmen aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung an außenstehende Dritte leistet, die in das Schadensmanagement eingebunden sind. Die AVB-VSV sehen abweichend von anderen Bedingungswerken keine Pflicht zur Abstimmung mit dem VR vor der Einschaltung Dritter in die Schadensermittlung vor. Auch der Kreis der Dritten wird in den AVB-VSV nicht weiter eingegrenzt. Ob in den Fällen der Schädigung Dritter durch eine Vertrauensperson (§§ 3, 4 AVB-VSV) auch die Kosten, die dem geschädigten Dritten im Rahmen der Schadensermittlung entstehen...