Rz. 115

Der Unterhaltspflichtige hat die Darlegungs- und Beweislast[149] für die Umstände, aus denen sich seine fehlende oder eingeschränkte Leistungsfähigkeit ergeben soll.[150] Für die Annahme einer Leistungsunfähigkeit bedarf es der vollständigen Darlegung sowohl der eigenen Einkünfte wie auch des eigenen Vermögens durch den Unterhaltspflichtigen. Legt dieser seine Einkünfte oder sein Vermögen im maßgeblichen Zeitraum nicht umfassend offen, kann er sich nicht mit Erfolg auf seine Leistungsunfähigkeit zur Zahlung des Mindestunterhalts berufen.[151]

 

Rz. 116

Zur Darlegung der Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners gehört auch die eingewandte Unterhaltsbedürftigkeit einer gem. § 1609 Nr. 3 BGB vorrangig berechtigten Ehefrau. Damit muss der Unterhaltspflichtige diejenigen Umstände darlegen und beweisen, die einen Unterhaltsanspruch seiner Ehefrau gegen ihn begründen, weil es sich dabei um eine das Einkommen mindernde Verbindlichkeit handelt.[152] Der bloße Vortrag, dass seine Ehefrau kein laufendes Einkommen bezieht, reicht für die Feststellung der Unterhaltsbedürftigkeit und für die Bemessung des Bedarfs der Ehefrau des Antragsgegners nicht aus, wenn dies vom Unterhaltsberechtigten bestritten wird.[153]

 

Rz. 117

Allerdings können fiktive Einkünfte nur dann zugerechnet werden, wenn der Unterhaltspflichtige die ihm zumutbaren Anstrengungen, eine angemessene Erwerbstätigkeit zu finden, nicht oder nicht ausreichend unternommen hat und bei genügenden Bemühungen eine reale Beschäftigungschance bestanden hätte. Speziell fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit können dem Unterhaltspflichtigen trotz der nach § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB gesteigerten Unterhaltspflicht nur dann zugerechnet werden, wenn und soweit ihm eine solche Tätigkeit im Einzelfall zumutbar ist.[154]

 

Rz. 118

Auch das BVerfG[155] hat die pauschale Annahme kritisiert, bei einer Aushilfstätigkeit könne ein Nettoeinkommen von monatlich 1.300 EUR erwirtschaftet werden. Ein entsprechender Bruttoverdienst von rund 2.000 EUR mtl. entsprechend einem Bruttostundenlohn von rund 11,75 EUR sei mit Blick auf die aktuellen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt nicht realistisch.[156]

[149] Zur Darlegungs- und Beweislast im Unterhaltsrecht umfassend Bömelburg, FF 2015, 273 (Teil 1) und FF 2015, 350 (Teil 2).
[156] Vgl. auch die Entscheidung des BVerfG v. 18.6.2012 – 1 BvR 774/10, NJW 2012, 2420, – 1 BvR 1530/11, FamRZ 2012, 1283, – 1 BvR 2867/11, JAmt 2012, 417 sowie Viefhues, FF 2012, 481; außerdem BVerfG v. 29.10.2009 – 1 BvR 443/09, FamRZ 2010, 183 m.w.N.; BGH v. 30.7.2008 – XII ZR 126/06, juris Rn 22; BVerfG v. 15.2.2010 – 1 BvR 2236/09, FamRZ 2010, 626 mit Anm. Borth = FuR 2010, 333.

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