Rz. 67

Bei einer neben der Ausbildung ausgeübten Beschäftigung ist hinsichtlich der Anrechnung des erzielten Einkommens eine Billigkeitsabwägung vorzunehmen. Da im Regelfall das unterhaltsberechtigte Kind neben seiner Ausbildung nicht verpflichtet ist, erwerbstätig zu sein, bleibt dieses Einkommen i.d.R. auch anrechnungsfrei. Zudem arbeitet das Kind nicht deshalb nebenbei, um den unterhaltspflichtigen Elternteil zu entlasten, sondern um sich selbst einen gewissen zusätzlichen finanziellen Freiraum zu verschaffen. In bestimmten Fallkonstellationen kann aber eine – teilweise – Anrechnung geboten sein.[85]

 

Rz. 68

Folglich sind Einkünfte eines Studenten aus Arbeit in den Semesterferien oder neben dem Studium Einkommen aus überobligationsmäßiger Tätigkeit.[86] Denn der Student soll sich – auch im Interesse des Unterhaltspflichtigen – mit ganzer Kraft, vollem Zeiteinsatz sowie dem gehörigen Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit dem Studium widmen, um dieses innerhalb angemessener und üblicher Dauer zu beenden. Daher trifft einen Studenten neben dem Studium in der Regel keine Erwerbsobliegenheit. Das gilt auch für die Zeit der Semesterferien, die neben der notwendigen Erholung vor allem der Wiederholung und Vertiefung des Stoffes dient, soweit sie nicht ohnehin durch studienbedingte Arbeiten (Hausarbeiten) ausgefüllt ist. Ist der Student gleichwohl erwerbstätig, so bestimmt sich die Anrechenbarkeit solcher Einkünfte aus unzumutbarer Tätigkeit auch im Verwandtenunterhaltsrecht nach dem – hier entsprechend heranzuziehenden – Rechtsgedanken des § 1577 Abs. 2 BGB.[87] Einkünfte bleiben danach anrechnungsfrei, soweit der Unterhaltsverpflichtete nicht den vollen Unterhalt leistet (§ 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB). Darüber hinaus kommt eine Anrechnung insoweit in Betracht, als dies unter Berücksichtigung der beiderseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse der Billigkeit entspricht (§ 1577 Abs. 2 Satz 2 BGB). Eine andere Betrachtung ist nur dann angebracht, wenn es sich z.B. um studienbegleitende Praktika oder sonstige studienfördernde Nebenarbeit im Studienfach handelt.[88]

[87] OLG Jena v. 10.10.2008 – 1 UF 121/08, OLGR Jena 2009, 463–464; OLG Hamm v. 12.12.1996 – 4 UF 291/96, NJW-RR 1997, 705–706; OLG Koblenz v. 12.6.1995 – 13 UF 671/94, FamRZ 1996, 382–384; OLG Koblenz v. 13.2.1989 – 13 UF 682/88, FamRZ 1989, 1219.

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