Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1703
Ein Verstoß gegen das gesetzliche Wettbewerbsverbot eines kaufmännischen Angestellten führt nicht zur Unwirksamkeit von Rechtshandlungen, die den Betrieb eines Handelsgewerbes oder Geschäftstätigkeiten im Handelszweig des Arbeitgebers zum Gegenstand haben. Denn das Gesetz ist kein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB. Gemäß § 61 Abs. 1 HGB kann der Arbeitgeber wählen, ob er Schadensersatz oder Selbsteintritt verlangt.
Rz. 1704
Der Schadensersatzanspruch ergibt sich aus der Vertragsverletzung in Verbindung mit § 60 Abs. 1 HGB. Voraussetzung ist ein schuldhaftes Handeln des kaufmännischen Angestellten. Zudem muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass ihm infolge des unerlaubten Betreibens eines Handelsgewerbes oder einer verbotenen Konkurrenztätigkeit ein Schaden erwachsen ist. Er muss ferner nachweisen, dass er die verbotenen Geschäfte selbst getätigt hätte. Zum Schaden zählen nicht nur tatsächlich eingetretene Vermögenseinbußen, sondern insbesondere auch der entgangene Gewinn (§ 252 BGB).
Rz. 1705
Alternativ zum Schadensersatzanspruch hat der Arbeitgeber ein sog. Eintrittsrecht. Hiernach kann er vom kaufmännischen Angestellten verlangen, so gestellt zu werden, als hätte er selbst das wettbewerbswidrige Geschäft getätigt. In der Folge hat der kaufmännische Angestellte sämtliche Vermögensvorteile, insbesondere die bezogene Vergütung, herauszugeben bzw. den Anspruch auf Vergütung abzutreten. Anders als der Begriff "Eintrittsrecht" nahelegt, fingiert das Recht keinen Eintritt des Arbeitgebers in das fremde Geschäft. Vielmehr soll lediglich der wirtschaftliche Erfolg auf den Arbeitgeber überführt werden. Die Rechte des Dritten bleiben daher unberührt.
Das Eintrittsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt von der Natur der Sache her nicht möglich ist. Der Arbeitgeber kann beispielsweise nicht verlangen, die Rechte aus einem Gesellschaftsvertrag wahrzunehmen oder sich Vergütungsansprüche aus einem Arbeits- oder Dienstvertrag abtreten zu lassen. Der Arbeitgeber kann insoweit keinen Vertragspartnerwechsel herbeiführen.
Rz. 1706
Ansprüche auf Schadensersatz und aus Eintrittsrechten verjähren in drei Monaten von dem Zeitpunkt an, in welchem der Arbeitgeber Kenntnis von dem Wettbewerbsverstoß gewinnt sowie ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in fünf Jahren vom Abschluss des Geschäftes an (§ 61 Abs. 2 HGB).
Bei Wiederholungsgefahr kann der Arbeitgeber auch Unterlassung verlangen. Den Unterlassungsanspruch kann er bei Eilbedürftigkeit auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen.