Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
a) Allgemeines
Rz. 644
Befristungsabreden sind neben Widerrufs- (siehe dazu Rdn 1723 ff.) oder Freiwilligkeitsvorbehalten (siehe dazu Rdn 929 ff.) ein weiteres Instrument zur flexiblen Gestaltung von Arbeitsverträgen. Ein Arbeitsvertrag kann nicht nur insgesamt befristet abgeschlossen werden. Vielmehr können auch einzelne Arbeitsbedingungen für eine kalendermäßig bestimmte Dauer oder bis zum Erreichen eines bestimmten Zwecks befristet werden. Dies gilt für Haupt- und Nebenpflichten gleichermaßen. Ein gewichtiger Vorteil von Befristungsabreden ist, dass sie Flexibilität auch innerhalb des sog. Kernbereichs eines Arbeitsverhältnisses erlauben. Widerrufsvorbehalte sind dort nicht zulässig (vgl. hierzu Rdn 1726 f.), Freiwilligkeitsvorbehalte nur, sofern sie Sonderleistungen betreffen (vgl. hierzu Rdn 931 f.). Auf der anderen Seite müssen sich die Vertragsparteien bereits bei der Vereinbarung der befristeten Leistung Gedanken über ihre Dauer machen; hierin liegt ein entscheidender Nachteil gegenüber Widerrufs- oder Freiwilligkeitsvorbehalten. Diese gestatten es, auch auf solche zukünftigen Umstände reagieren zu können, deren Eintreten sich im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht abgezeichnet hat.
Rz. 645
Mit der Einführung der sog. Brückenteilzeit (§ 9a TzBfG) zum 1.1.2019 hat der Gesetzgeber erstmals die zeitlich begrenzte Verringerung der Arbeitszeit festgeschrieben. Seither kann ein Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass seine vertraglich vereinbarte Arbeitszeit vorrübergehend, d.h. für einen Zeitraum von einem Jahr bis höchstens fünf Jahren, verringert wird.
b) Wirksamkeitsvoraussetzungen
aa) Inhaltliche Anforderungen
Rz. 646
In einem Formulararbeitsvertrag ist die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen unwirksam, wenn der Arbeitnehmer bei Abwägung der Interessen beider Vertragspartner durch die Befristung unangemessen benachteiligt wird. Dies folgt aus § 307 Abs. 1 S. 1 BGB. Das BAG wendet diese Vorschrift auf die Befristung von Haupt- und Nebenpflichten an. Auch wenn das TzBfG weder direkt noch analog auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen angewendet wird, berücksichtigt das Gericht innerhalb der vorzunehmenden Interessenabwägung, ob Umstände vorliegen, die die Befristung des Arbeitsvertrags insgesamt nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen würden. Ist dies der Fall, fällt die Interessenabwägung in der Regel zugunsten des Arbeitgebers aus. Denn ein Arbeitnehmer wird nach Ansicht des BAG durch die Teilbefristung nur bei Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" unangemessen benachteiligt. Einen außergewöhnlichen Umstand hat das BAG bislang noch in keiner Entscheidung angenommen. Er soll jedoch vorliegen, wenn der Arbeitnehmer bei einer lediglich befristeten Arbeitszeiterhöhung den Wunsch einer dauerhaften Aufstockung der vertraglichen Arbeitszeit angezeigt hat und ein entsprechender Arbeitsplatz vorhanden war, den er nach § 9 TzBfG hätte bekleiden können. Dies lässt sich verallgemeinern: Eine unangemessene Benachteiligung ist anzunehmen, wenn ein Arbeitnehmer bei der Vereinbarung einer Teilbefristung einen Anspruch auf unbefristete Gewährung der jeweiligen Arbeitsbedingung geltend gemacht hat und ihm dieser Anspruch im Zeitpunkt des Abschlusses der Teilbefristung auch zustand. Im Rahmen der Interessenabwägung ist ferner die im Befristungsrecht angewandte Figur des institutionellen Rechtsmissbrauchs bei Mehrfachbefristungen zu beachten. Bei der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung hinsichtlich einzelner Arbeitsbedingungen gelten dieselben Grundsätze wie bei Teilbefristungen.
Rz. 647
Das BAG brauchte bislang die Frage nicht zu entscheiden, ob eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB im Regelfall auch dann ausscheidet, wenn die Befristung des gesamten Arbeitsvertrages nach § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG zulässig ist. Im Schrifttum ist diese Frage umstritten. Die besseren Argumente sprechen dafür, auch in diesen Fällen eine Teilbefristung zuzulassen, sofern keine "außergewöhnlichen Umstände" entgegenstehen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 und 3 TzBfG besteht typischerweise ein gegenüber dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers höher zu bewertendes Interesse des Arbeitgebers. Für den Gleichklang spricht auch, dass die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen nicht schwieriger als die Befristung des gesamten Arbeitsvertrages sein darf (Erst-Recht-Schluss).
Kann die Teilbefristung nicht auf einen Sachverhalt gestützt werden, der zugleich die Befristung des gesamten Arbeitsvertrages rechtfertigen würde, ist zweierlei zu beachten. Erstens sind Teilbefristungen auch außerhalb der Wertungen des TzBfG möglich. Eine Teilbefristung ist daher keineswegs allein deshalb unwirksam, weil die Befristung nicht auf Umständen beruht, die eine Befristung des ganzen Arbeitsvertrages gerechtfertigt hätten. Damit gilt: Umstände, die die Befristung des Arbeitsvertrages an sich rechtfertigen, indizieren die Rechtmäßigkeit einer Teilbefristung; das Fehlen solcher Umstände ...