Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
a) Allgemeines
Rz. 772
Für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses gelten die Beschränkungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG). Darüber hinaus ist 2018 die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) in Kraft treten, die zu einer Umgestaltung des BDSG führte.
Seit der Neufassung des BDSG 2018 richtet sich die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von personenbezogenen Daten (Datenverarbeitung) nach § 26 BDSG. "Personenbezogene Daten" sind dabei alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Hierzu gehören nicht nur die "Stammdaten" des Arbeitnehmers, sondern auch sonstige Angaben über Leistung oder Verhalten, wie z.B. Daten über Telefongespräche, Arbeitszeit oder über die Höhe des Entgelts.
Jede Datenverarbeitung und -nutzung bedarf entweder einer Rechtsgrundlage oder der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen. Nach § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses zulässig, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung oder zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz oder einem Tarifvertrag, einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung (Kollektivvereinbarung) ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist. Nach § 26 Abs. 5 BDSG trifft Arbeitgeber die Pflicht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die in Art. 5 DS-GVO enthaltenen Grundsätze bei der Datenverarbeitung eingehalten werden.
b) Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses (§ 26 Abs. 1 BDSG)
Rz. 773
§ 26 BDSG ist der zentrale Erlaubnistatbestand des Arbeitnehmerdatenschutzes. § 26 BDSG regelt die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Nach § 26 Abs. 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten der Arbeitnehmer dann verarbeitet werden, wenn dies (bb) für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder (cc) für die Durchführung oder Beendigung oder (dd) zur Ausübung oder Erfüllung der sich aus einem Gesetz, einem Tarifvetrag oder einer Betriebsvereinbarung ergebenden Rechte oder Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erfoderlich ist.
aa) Sachlicher Anwendungsbereich des § 26 Abs. 1 BDSG
Rz. 774
§ 26 Abs. 1 BDSG gilt für jede Form der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung. Er gilt auch für nicht automatisiert verarbeitete Daten. Erfasst sind damit alle Formen der Datenerhebung im Arbeitsverhältnis, auch tatsächliches Handeln oder belangloses Fragen.
bb) "Erforderlichkeit" der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung i.S.d. § 26 Abs. 1 BDSG
Rz. 775
Nach § 26 Abs. 1 S. 1 BDSG muss die Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung für die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses, für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich sein. Die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung von Arbeitnehmerdaten zur Erfüllung gesetzlicher, kollektivrechtlicher oder einzelvertraglicher Pflichten oder zur Wahrnehmung vertraglicher Rechte geeignet und erforderlich sein. Die Erforderlichkeit setzt in der Regel ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Datenverarbeitung voraus, das aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis herrühren muss und im Zusammenhang mit der Erfüllung der vom Arbeitnehmer geschuldeten vertraglichen Leistung, seiner sonstigen Pflichten oder der Pflichten des Arbeitgebers steht.
Rz. 776
Für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses sind etwa allgemeine Intelligenztests, die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen, Stressinterviews sowie Genomanalysen wegen eines übermäßigen Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre des Arbeitnehmers unzulässig. Die Frage nach Gewerkschaftszugehörigkeit, Schwangerschaft und politischen oder religiösen Aktivitäten (Ausnahmen gelten für Tendenzunternehmen) ist vor Abschluss des Arbeitsvertrages untersagt. Berechtigt ist das Interesse des Arbeitgebers an der engeren familiären Situation des Bewerbers und an seinem beruflichen Werdegang. So darf er auch nach Nebentätigkeiten und noch bestehenden Beschäftigungsverhältnissen (§§ 7 SGB V, 5 Abs. 2 SGB VI) fragen. Fragen nach dem Gesundheitszustand sowie einer etwaigen Körperbehinderung sind nur insoweit zulässig, als der Einsatz auf dem vorgesehenen Arbeitsplatz gefährdet ist. Unterzieht sich ein Bewerber einer betriebsärztlichen Untersuchung, unterliegen die Ergebnisse und die Befunde der ärztlichen Schweigepflicht. Bewerberdaten dürfen nur bis zum Zeitpunkt der Entscheidung verwendet werden. Danach sind sie zu sperren, bis gewiss ist, dass keine Rechtsstreite mehr drohen. Sie sind dann zu vernichten oder dem Bewerber zurückzugeben. Ein Arbeitgeber ist einem abgelehnten Bewerber nicht zur Mitteilung darüber verpflichtet, ob die Stelle mit einem anderen Bewerber besetzt worden ist. Sollen Bewerberdaten in einem Bewerberpool gespeichert werden, bedarf es einer ausdrücklichen Einwilligung des Bewerbers. Auch beim "Active Sourcing"...