Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1088
Unter "Kurzarbeit" wird allgemein eine temporäre Verkürzung der Arbeitszeit gegenüber der regelmäßigen individuellen Arbeitszeit bei gleichzeitigem Entfall des auf die Verkürzung entfallenden Entgelts verstanden. Diese Verkürzung der Arbeitszeit kann von einer stundenweisen Verkürzung an einem oder mehreren Tagen der Woche oder des Monats bis hin zur so genannten "Kurzarbeit Null", also der vollständigen Einstellung der Arbeit für einen definierten Zeitraum, reichen. Die Kurzarbeit ist ein typisches "Kriseninstrument", das beispielsweise während der "Corona-Epidemie" 2020 erhebliche Relevanz erlangt hat.
Rz. 1089
Der Begriff der Kurzarbeit ist eng verbunden mit dem Kurzarbeitergeld nach §§ 95 ff. SGB 3. Hierbei handelt es sich um eine Versicherungsleistung der Bundesagentur für Arbeit, die jedoch nicht dem unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer gegenüber erbracht wird, sondern gegenüber dem Arbeitgeber zur Auszahlung an die Arbeitnehmer. Das Kurzarbeitergeld ist gem. § 3 Nr. 2 EstG steuerfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Es stellt kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung dar. Allerdings hat der Arbeitgeber auch bei Kurzarbeit Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die Ausfallstunden zu zahlen. Die beitragspflichtige (fiktive) Einnahme wird dabei aus 80 Prozent des Unterschiedsbetrags zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt berechnet, begrenzt auf die Beitragsbemessungsgrenze. In der Arbeitslosenversicherung besteht Beitragsfreiheit. Die Beiträge hat der Arbeitgeber allein zu tragen. In der "Corona-Pandemie" bestand abweichend hiervon eine befristete Erstattungsmöglichkeit zugunsten des Arbeitgebers.
Vom Kurzarbeitergeld zu unterscheiden sind arbeitgeberseitige Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld. Solche freiwilligen Leistungen sind zwar bis zu einem Grenzwert sozialversicherungsfrei (vgl. § 1 Nr. 8 SvEV), aber steuerpflichtig.
Rz. 1090
Der Arbeitgeber bedarf, um für eine bestimmte Dauer die Dauer der Arbeitszeit zu reduzieren und damit einhergehend auch das Arbeitsentgelt zu kürzen, einer Rechtsgrundlage. Dies können ein Tarifvertrag sein, eine Betriebsvereinbarung, der Arbeitsvertrag selbst oder eine situativ geschlossene Einzelvereinbarung. Soweit ein Betriebsrat existiert, wird die Einführung von Kurzarbeit in der Regel durch Betriebsvereinbarung geregelt. Denn in der Anordnung von Kurzarbeit liegt zugleich eine Änderung der betrieblich üblichen Arbeitszeit, sodass die Anordnung von Kurzarbeit gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG mitbestimmungspflichtig ist.