Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 714
Provisionen sind als leistungsbezogene Vergütung i.d.R. unmittelbar mit der individuellen Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verbunden. Mit der Provision wird der Arbeitnehmer an den von ihm (zumindest mit) vermittelten Geschäften (i.d.R. prozentual) beteiligt, wobei die Provisionszahlung nicht nur von der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, sondern – auch oder ausschließlich – von der wirtschaftlichen Verwertung von Produkten oder Dienstleistungen auf dem Markt abhängig ist. Die Provision vergütet damit nicht allein die Arbeitsleistung an sich, sondern v.a. deren Erfolg. Provisionen stellen die typische Vergütung in Handelsvertreterverhältnissen dar. Jedoch kann auch mit angestellten Handlungsgehilfen und anderen Arbeitnehmern ohne Weiteres eine Provisionsvereinbarung auf arbeitsvertraglicher Ebene getroffen werden. Vorbehaltlich anderweitiger Abreden kommen in diesen Fällen gem. §§ 65, 87 ff. HGB die für Handelsvertreter geltenden Bestimmungen – jedenfalls weitgehend – entsprechend zur Anwendung, die jedoch einzelvertraglich modifiziert werden können.
Rz. 715
Die Vergütung kann auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses allein auf erfolgsabhängige Provisionen beschränkt werden. Vergütungsabreden, die eine Festvergütung ausschließen, sind AGB-rechtlich nicht zu beanstanden, sofern sie hinreichend transparent ausgestaltet sind. Sittenwidrig nach § 138 Abs. 1 bzw. 2 BGB ist der Ausschluss einer Mindestvergütung nur dann, wenn von vornherein aufgrund der betrieblichen Verhältnisse feststeht, dass durch die vereinbarte Provisionsvergütung keine angemessene Vergütung erzielt werden kann, oder wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht, etwa dadurch, dass die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns bzw. des allgemeinen Lohnniveaus für die ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsgebiet erreicht. Selbstverständlich ist ferner zu beachten, dass das Monatsgehalt mindestens dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechen bzw. bei Tarifbindung das tarifliche Entgelt erreichen muss, was aus dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Provisionsabrede klar erkennbar hervorgehen sollte. Demgegenüber sind Vergütungsmodelle, die ein Fixgehalt mit Provisionsansprüchen kombinieren, weiter verbreitet, da sie zumindest eine erfolgsunabhängige Mindestvergütung und die Ansprüche des Arbeitnehmers auf den tariflichen bzw. gesetzlichen Mindestlohn sicherstellen. Sieht die Provisionsvereinbarung laufende monatliche Zahlungen vor, sollte stets eindeutig bestimmt sein, ob es sich hierbei um ein Festgehalt, eine Provisionsgarantie oder einen bloßen Provisionsvorschuss handelt; diesbezügliche Zweifel gehen in Formularverträgen gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Arbeitgebers. Ergibt die Vertragsauslegung, dass eine monatliche Mindestprovision garantiert ist, ist im Zweifel ausgeschlossen, Minderverdienste eines Monats mit überschießenden Provisionsansprüchen anderer Monate zu verrechnen. Ist eine solche Verrechnung gewollt, muss der Ausgleich auf einen längeren Zeitraum, etwa auf ein Geschäftsjahr, ausgedehnt werden.