Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
aa) Vereinbarter Beginn des Arbeitsverhältnisses und Nachweis
Rz. 358
Bei Vertragsschluss muss Einvernehmen über den Beginn des Arbeitsverhältnisses bestehen. Typischerweise regelt der Arbeitsvertrag ein konkretes Datum für den Beginn des Arbeitsverhältnisses; auf das Datum des Abschlusses des Arbeitsvertrages kommt es nicht an. Das Arbeitsverhältnis beginnt nur dann mit Abschluss des Arbeitsvertrages, wenn der Arbeitnehmer seinen Dienst nach dem Willen der Vertragsparteien sofort aufnehmen soll. Soll er dagegen die Arbeit erst später antreten, so beginnt das Arbeitsverhältnis zu dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Anfangstermin, und zwar auch dann, wenn die Arbeit nicht aufgenommen wird.
Rz. 359
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 NachwG hat der Arbeitgeber innerhalb der Fristen des § 2 Abs. 2 S. 4 NachwG die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen. In die Niederschrift ist unter anderem der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses aufzunehmen, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 NachwG. Damit ist der Beginn des Arbeitsvertrags/Vertragsbeginn gemeint. Nicht entscheidend ist hingegen der Zeitpunkt der tatsächlichen Arbeitsaufnahme. Der Nachweis hat lediglich deklaratorische Wirkung. Der fehlerfreie Nachweis stellt kein Wirksamkeitserfordernis für die jeweilige arbeitsvertragliche Vereinbarung dar. Zum Nachweisgesetz und seiner Reform mit Wirkung ab dem 1.8.2022 siehe unter Rdn 1149 ff.
bb) Tätigkeitsaufnahme als Bedingung für Beginn des Arbeitsverhältnisses?
Rz. 360
Regelmäßig entspricht es dem Willen der Vertragsparteien, dass mit vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses der Arbeitnehmer auch seine Tätigkeit beginnt. Das vereinbarte Datum für den Beginn des Arbeitsverhältnisses soll mit dem Datum der tatsächlichen Arbeitsaufnahme ("erster Arbeitstag") zusammenfallen.
Rz. 361
Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Der vertraglich vereinbarte Beginn des Arbeitsverhältnisses ist rechtlich unabhängig von der faktischen Arbeitsaufnahme. Es besteht kein zwingender Gleichlauf. So kann es vorkommen, dass der Arbeitnehmer die vertraglich vereinbarte Tätigkeit erst nach Vertragsbeginn tatsächlich aufnimmt, etwa weil er arbeitsunfähig erkrankt ist, sich im Urlaub befindet oder vom Arbeitgeber aus anderen Gründen freigestellt wird. Die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages wird hiervon nicht berührt. Insbesondere dort, wo das Datum des Vertragsbeginns ein Feiertag ist (z.B. 1. Januar, 1. Mai) wird die tatsächliche Arbeitsaufnahme regelmäßig von dem Beginn der Vertragslaufzeit abweichen.
Rz. 362
Um das Auseinanderfallen von vertraglich vereinbartem Beginn des Arbeitsverhältnisses und tatsächlicher Arbeitsaufnahme/tatsächlichem Tätigkeitsbeginn zu vermeiden, kann das Arbeitsverhältnis unter die aufschiebende Bedingung der tatsächlichen Tätigkeitsaufnahme gestellt werden, § 158 Abs. 1 BGB. Der Arbeitsvertrag wird dann erst mit Eintritt der Bedingung – Tätigkeitsaufnahme – wirksam. Hierdurch dürfen jedoch zwingende Schutzgesetze der Arbeitnehmer nicht umgangen werden, z.B. § 3 Abs. 3 EntgeltfortzahlungsG.
Rz. 363
Es ist anerkannt, dass ein Arbeitsverhältnis wirksam unter einer aufschiebenden Bedingung gemäß § 158 BGB abgeschlossen werden kann. Der Arbeitsvertrag wird dann erst wirksam, wenn die Bedingung eingetreten ist. Die aufschiebende Bedingung ist zulässig und wird von den Beschränkungen des TzBfG nicht erfasst. Denn anders als bei der Befristung eines Arbeitsverhältnisses oder bei der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung wird dem künftigen Arbeitnehmer durch eine aufschiebende Bedingung auch keine Rechtsposition genommen, die er bereits innehat.
Rz. 364
Zur Vermeidung von Zeiten andauernder Rechtsunsicherheit sollte zugleich ein konkretes Datum angegeben werden, zu dem die Arbeit spätestens aufgenommen sein muss, damit ein Arbeitsverhältnis zustande kommt.
cc) Vertragsanbahnung
Rz. 365
Für die Vertragsanbahnung gelten die allgemeinen Grundsätze des Schuldrechts, insbesondere § 311 BGB – vorvertragliches Schuldverhältnis.
Rz. 366
Dem Vertragsschluss können Vorverhandlungen vorausgehen. Diese sind noch nicht bindend, § 154 BGB. Vorverhandlungen können zur Ermittlung des Vertragsinhalts, wenn der Vertragstext hierzu nicht ausreicht, im Wege der Auslegung herangezogen werden. Während der Vorverhandlungen entsteht nach § 311 Abs. 1 Nr. 1 BGB bereits ein vorvertragliches Schuldverhältnis mit den Pflichten des § 241 Abs. 2 BGB, woraus insb. Rücksichtnahmepflichten resultieren, deren Verletzung Schadensersatzansprüche aus § 280 BGB begründen können.
Rz. 367
Bei Abschluss des Arbeitsvertrages können im Einzelfall Aufklärungspflichten des Arbeitgebers bestehen. Diese können auf der Fürsorgepflicht, einem vorvertraglichen Vertrauensverhältnis o...