Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
aa) Gesetzliche Verbote
Rz. 1323
Eine Erstattung von Ausbildungskosten ist in Berufsausbildungsverhältnissen ausgeschlossen (§ 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BBiG), sofern es um Maßnahmen geht, die dem betrieblichen Bereich – im Gegensatz zum schulischen Bereich – zuzurechnen sind. Ebenfalls unzulässig wäre eine Erstattungsregelung für Fortbildungsmaßnahmen, zu deren Durchführung der Arbeitgeber – z.B. aus Gesetz oder Betriebsvereinbarung – verpflichtet ist, wie z.B. Fortbildungsmaßnahmen für eine Fachkraft für Arbeitssicherheit, vgl. § 5 Abs. 3 S. 3 ASiG. Die insoweit anfallenden Kosten hat der Arbeitgeber ohnehin zu tragen, § 111 Abs. 1 GewO.
bb) Unangemessene Benachteiligung
(1) Vereinbarungsfähigkeit eines Rückzahlungsvorbehalts ("Ob")
Rz. 1324
Der Vorbehalt der Rückzahlung der Kosten ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer durch die Maßnahme eine angemessene Gegenleistung erhalten hat. Ein solcher geldwerter Vorteil kann insbesondere in einer Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt, der Schaffung von realistischen beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten oder in der Einstufung in eine höhere Vergütungsgruppe liegen. Gleiches gilt, wenn die Weiterbildung erst die Voraussetzungen schafft, einen konkreten Arbeitsplatz bekleiden zu können. Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten aufgefrischt oder vertieft bzw. an neuere betriebliche Gegebenheiten angepasst werden. Ein Rückzahlungsvorbehalt beeinträchtigt in diesen Fällen den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist damit unwirksam. Er scheidet auch dort aus, wo der Arbeitgeber gesetzlich zum Tragen der Ausbildungskosten verpflichtet ist. Dies ist beispielsweise bei der Schulung von Betriebsräten der Fall (§§ 37 Abs. 6, 7 i.V.m. § 40 Abs. 1 BetrVG).
(2) Ausgestaltung des Rückzahlungsvorbehalts ("Wie")
Rz. 1325
Die Ausgestaltung der Rückzahlungsklausel darf nicht zu einer übermäßigen Bindung des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber führen. Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen. Die Rechtsprechung bemisst die maximal zulässige Bindungsdauer in Abhängigkeit zur Dauer der Bildungsmaßnahme und der Qualität der durch sie erworbenen Qualifikation. Folgende Leitlinien dienen dabei als Orientierungsmaßstab: Bei einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Monat und bei bezahlter Freistellung während der Fortbildungsmaßnahme ist eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung und bei einer Ausbildungsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung. Beträgt die Ausbildungsdauer zwischen sechs und zwölf Monaten, ist eine Bindungsdauer von 36 Monaten zulässig. Eine fünfjährige Bindungsdauer setzt eine mehr als zwei Jahre andauernde Fortbildungsmaßnahme voraus. Über fünf Jahre hinausreichende Bindungsfristen sind wegen § 624 BGB unwirksam. Findet die Fortbildung nur in stunden- oder tageweisen Abschnitten statt, dann ist die tatsächlich aufgewendete Ausbildungszeit ins Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit zu setzen. Wird eine Fortbildungsmaßnahme in mehreren Abschnitten durchgeführt, so sind die zwischen den einzelnen Abschnitten liegenden Zeiträume bei der Berechnung ...