Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 612
Die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind grds. nicht dem betrieblichen Bereich, sondern dem privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers zuzuordnen. Dementsprechend ist weder die für diese Fahrten aufgewandte Zeit (sog. Wegezeit) als Arbeitszeit zu vergüten, noch sind die auf diesen Wegen entstehenden Fahrtkosten gem. § 670 BGB erstattungsfähig. Diese Kosten müssen von dem Arbeitnehmer aus dem Arbeitsentgelt selbst bestritten werden, sofern nicht eine anderweitige vertragliche Vereinbarung getroffen oder eine betriebliche Übung begründet wird. Wird eine arbeitsvertragliche Erstattungsregelung getroffen, kann sich diese konkret auf die tatsächlich gefahrenen Kilometer beziehen, im Interesse einer Verwaltungsvereinfachung allerdings auch einen pauschalen Fahrtkostenzuschuss beinhalten. Darüber hinaus sollte bei der Vertragsgestaltung darauf geachtet werden, dass die Zahlung eines pauschal berechneten Zuschusses davon abhängig gemacht wird, dass die Fahrtkosten auch tatsächlich entstanden sind.
Rz. 613
Wird dem Arbeitnehmer während des laufenden Arbeitsverhältnisses ein anderer als der bislang übliche Einsatzort zugewiesen, begründet dies keinen Anspruch des Arbeitnehmers auf Erstattung seiner Fahrtkosten zum Arbeitsort, da auch in diesem Fall der Weg zur Arbeit im Interesse des Arbeitnehmers erfolgt und dessen privatem Bereich zuzuordnen ist. Gehören demgegenüber Fahrten zu auswärtigen Arbeitsstätten zu dem üblichen Tätigkeitsbild des Arbeitnehmers, sind die Fahrten zwischen Wohnung und Einsatzort demgegenüber betrieblich veranlasst, die dadurch entstandenen Kosten somit auch erstattungsfähig. In diesem Fall sind ebenso wie bei der am üblichen Arbeitsort beginnenden Dienstfahrt nicht nur die Fahrtkosten und Verpflegungsaufwendungen, soweit sie über die normalen Verpflegungskosten am Arbeitsplatz hinausgehen, sondern unter Umständen auch die Kosten für eine auswärtige Übernachtung erstattungsfähig, wenn diese zur ordnungsgemäßen Ausführung der Tätigkeit erforderlich sind. Der vertragliche Ausschluss dieses Ersatzanspruchs ist aufgrund der Dispositivität des § 670 BGB grds. möglich. Allerdings darf durch eine solche Vereinbarung nicht das wirtschaftliche Risiko des Arbeitgebers auf den Arbeitnehmer übertragen werden. Dieses Risiko beinhaltet die Übernahme derjenigen Kosten, die allein dadurch entstehen, dass dem Arbeitnehmer – etwa bei der Arbeitnehmerüberlassung oder im Außendienst – häufig wechselnde Einsatzorte zugewiesen werden. Vereinbarungen, die bei Tätigkeiten an regelmäßig wechselnden Einsatzorten den gesetzlichen Aufwendungsersatz ohne jede Gegenleistung ausschließen, benachteiligen den Arbeitnehmer unangemessen und sind daher gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam. Allerdings bleibt es auch insoweit zulässig, die Kostenerstattung zu begrenzen, der vollständige Ausgleich der tatsächlich entstehenden Kosten ist nicht zwingend geboten. Eine betriebliche Übung zur Fahrtkostenerstattung, die eine Erstattung in Höhe von 0,30 EUR pro Entfernungskilometer ab dem 21. Entfernungskilometer bezogen auf die Strecke zwischen dem Wohnort des Arbeitnehmers und dem Entleiherbetrieb beinhaltet, wurde bspw. für wirksam erachtet.