Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1272
Während des Bestandes des Arbeitsvertrags ist dem Arbeitnehmer verboten, in der Freizeit in Wettbewerb zum eigenen Arbeitgeber zu treten. Das Verbot folgt aus § 60 HGB bzw. aus der allgemeinen Treuepflicht des Arbeitnehmers. Einer gesonderten Wettbewerbsverzichtsabrede bedarf es daher nicht.
Rz. 1273
Erlaubnisfrei sind dagegen Nebenbeschäftigungen, die nicht mit einer Konkurrenztätigkeit verbunden sind. Das folgt für Nebentätigkeiten beruflicher Natur aus Art. 12 Abs. 1 GG; andere entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeiten sind nach Art. 2 Abs. 1 GG genehmigungsfrei. Es können sich allerdings Einschränkungen aus nachrangigen Gesetzen und Tarifverträgen ergeben, z.B. aus § 15 Abs. 4 S. 3 BEEG, aus §§ 64 ff. BBG oder aus § 11 BAT bzw. § 3 Abs. 3 TvÖD. Zu beachten sind auch die Höchstzeitenvorgaben des ArbZG bzw. das Arbeitsverbot aus § 8 BurlG.
Das Recht des Arbeitnehmers zur Ausübung einer Nebentätigkeit kann in den Grenzen der AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB und unter Beachtung der nachfolgenden Grundsätze durch vertragliche Regelungen beschränkt werden.
(1) Absolute Nebentätigkeitsverbote
Rz. 1274
Absolute Nebentätigkeitsverbote sind unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Für ein tarifvertraglich begründetes, partielles Nebentätigkeitsverbot kann etwas anderes gelten. Denn wenn z.B. ein vollzeitig beschäftigter Busfahrer auch in der Freizeit als Kfz-Führer tätig sein will, würde er zwangsläufig mit den Lenkzeitenvorschriften der EU-Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr in Konflikt geraten, was wiederum seine Arbeitspflichten als Busfahrer nachteilig berühren würde.
(2) Verbote mit Erlaubnisvorbehalt/Zustimmungsfiktion
Rz. 1275
Regelungen, wonach der Arbeitnehmer vor Aufnahme einer Nebentätigkeit die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen hat, sind zulässig, denn sie dienen nur dazu, dem Arbeitgeber rechtzeitig die Prüfung eines eventuellen Interessenkonflikts zu ermöglichen. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn keine berechtigten Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen; diese Folge sollte in der Klausel zum Ausdruck gebracht werden, um Unklarheiten auf Arbeitnehmerseite zu vermeiden. Empfohlen wird überdies, eine solche Formulierung mit einer Erlaubnisfiktion zu verbinden, die nach ungenutztem Verstreichen einer kurzen Widerspruchsfrist von z.B. 2–4 Wochen die Erlaubnis fingiert und damit zu schneller Rechtssicherheit führt.