Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 1479
Bei der inhaltlichen Ausgestaltung einer arbeitsvertraglichen Regelung zur Umzugskostenerstattung obliegt es grds. den Parteien, den Leistungsumfang individuell festzulegen. Dabei ist auf eine möglichst eindeutige Vertragsgestaltung Wert zu legen; Zweifel bei der Auslegung einer Klausel gehen gem. § 305c Abs. 2 BGB zu Lasten des Arbeitgebers. Bei der Entsendung eines Arbeitnehmers in das Ausland ist dementsprechend aufgrund verbleibender Zweifel die arbeitgeberseitige Zusage der Umzugskostenerstattung dahin ausgelegt worden, dass auch die Kosten des Rückzugs erfasst sein sollten, da eine andere oder begrenzte Kostenübernahme nicht ausdrücklich vereinbart war.
aa) Regelung der zu erstattenden Kosten
Rz. 1480
Bei der Übernahme von Umzugskosten stehen die Transportkosten des Hausrats im Vordergrund. Eine diesbezügliche Regelung sollte entsprechend der vorstehenden Musterformulierung sicherstellen, dass sich der Arbeitnehmer um ein möglichst preisgünstiges Speditionsangebot bemüht. Ebenso sollte eindeutig geregelt sein, ob sich die Kostenerstattung auf den reinen Transport beschränkt oder ob auch weitergehende Leistungen wie das Ein- und Auspacken des Hausrats durch das Speditionsunternehmen von dem Arbeitgeber übernommen werden. Eigene Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers werden dabei i.d.R. nicht vergütet; da die individuelle Organisation eines Umzuges meist jedoch preisgünstiger ist als das Angebot gewerblicher Transportunternehmen, kann durch eine Regelung zur Abgeltung der Arbeitnehmerleistungen ein entsprechender Anreiz gesetzt werden.
Rz. 1481
Denkbar ist auch, dem Arbeitnehmer einen Pauschalbetrag zur Verfügung zu stellen, aus dem dieser die Umzugskosten eigenverantwortlich bestreiten kann. Dies hat für den Arbeitgeber den Vorteil einer erleichterten Abwicklung, führt allerdings i.d.R. zu höheren Aufwendungen, als dies bei Übernahme der tatsächlich nachgewiesenen Kosten der Fall wäre.
Rz. 1482
Neben den Transportkosten entstehen in aller Regel weitere umzugsbedingte Kosten, deren Übernahme im Rahmen einer entsprechenden vertraglichen Regelung vereinbart werden kann. Denkbar ist etwa die Übernahme doppelter Mietkosten oder die Finanzierung von Familienheimfahrten. Ebenso kann die Erstattung von Verpflegungsmehraufwendungen, Makler- und Renovierungskosten, Kosten für die Anschaffung von Gardinen und Bodenbelägen in der neuen Wohnung, Meldegebühren und sonstige Aufwendungen vereinbart werden.
bb) Rückzahlungsverpflichtung
Rz. 1483
Die Übernahme der Umzugskosten kann mit einer Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Rückzahlung der arbeitgeberseitig aufgewandten Kosten verbunden werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Übernahme der Umzugskosten allein auf einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung beruht; ist der Arbeitgeber ausnahmsweise bereits aus § 670 BGB zur Kostenübernahme verpflichtet, wird eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs durch eine Rückzahlungsklausel ungeachtet der grundsätzlichen Dispositivität des § 670 BGB regelmäßig für unwirksam erachtet.
Rz. 1484
Voraussetzung einer wirksamen Rückzahlungsverpflichtung ist zunächst eine entsprechende Vereinbarung, die ausdrücklich getroffen und für den Arbeitnehmer hinreichend transparent sein muss. Die zu erstattenden Kosten müssen nach Grunde und Höhe im Rahmen des Möglichen konkret angegeben werden. Ob die Höhe der von der Rückzahlungsverpflichtung erfassten Kosten begrenzt sein muss, ist bislang nicht abschließend geklärt; nicht zu beanstanden ist jedenfalls eine Rückzahlungsverpflichtung, die sich auf einen Betrag von nicht mehr als einem Monatsgehalt bezieht.
Rz. 1485
Die Rückzahlungsvereinbarung unterliegt darüber hinaus der gerichtlichen Rechts- und Inhaltskontrolle. Sie darf im Hinblick auf § 622 Abs. 6 BGB keine übermäßige Einschränkung des arbeitnehmerseitigen Kündigungsrechts beinhalten. In Formularverträgen ist darüber hinaus erforderlich, dass die Interessen des Arbeitnehmers gem. § 307 Abs. 1 BGB angemessen berücksichtigt werden. Eine Rückzahlungsverpflichtung ist daher nur wirksam, wenn die wechselseitigen Interessen der Parteien in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Voraussetzung einer wirksamen Vertragsgestaltung ist dabei v.a. der Verzicht auf eine unangemessen lange Bindungsdauer. Denn während der Arbeitgeber ein Interesse daran hat, die Arbeitskraft, in die er mit der Zusage der Übernahme der Umzugskosten investiert hat, möglichst lange in Anspruch zu nehmen, beinhaltet die Rückzahlungsverpflichtung für den Arbeitnehmer eine Bindung an das Arbeitsverhältnis, die im Hinblick auf die verfassungsrechtlich geschützte Freiheit der Berufsausübung nur in zeitlich begrenztem Umfang zulässig ist. Welche Bindungsdauer insoweit noch angemessen ist, hängt maßgeblich von den Umständen des Einzelfalls ab. Entscheidend ist, wer die maßgeblichen Vorteile aus dem Umzug erlangt hat und ob dem Arbeitnehmer durch den Umzug dauerhaft berufliche Vorteile erwachsen sind; auch ...