Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 224
Weil Verbote der Abtretung von Lohnforderungen die Kreditfähigkeit eines Arbeitnehmers ganz erheblich einschränken können, stellt sich die Frage der Unwirksamkeit nach § 138 BGB. Ganz überwiegend wird indes angenommen, dass allein diese Einschränkung noch keine Sittenwidrigkeit begründet, zumal in der Praxis der Kreditvergabe die Lohnabtretung keine derartig entscheidende Rolle spielt, dass von ihr die Kreditfähigkeit eines Kunden tatsächlich abhinge.
Rz. 225
Bereits vor Inkrafttreten des § 308 Nr. 9 lit. a) BGB war die Frage, ob Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen wirksam vereinbart werden können, nicht unstrittig. Der BGH erachtete Abtretungsverbote in zivilrechtlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann für unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen. Nach Maßgabe dieser Rechtssätze wurden Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen teilweise als generell unzulässig angesehen. Für seit dem 1.10.2021 begründete Arbeitsverhältnisse ist der arbeitsvertragliche Ausschluss einer Entgeltabtretung nach § 308 Nr. 9 lit. a) BGB unwirksam. § 308 Nr. 9 lit. a) BGB gilt lediglich nicht für Ansprüche auf Versorgungsleistungen i.S.d. Betriebsrentengesetzes.
Hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine Entgeltabtretung angezeigt, kann der Arbeitgeber schuldbefreiend nur noch an den Zessionar als neuen Gläubiger leisten.
Rz. 226
Unklar ist, ob dem Arbeitnehmer in Formularverträgen die mit Lohnpfändungen verbundenen Kosten für Mehraufwand des Arbeitgebers und dergleichen auferlegt werden dürfen. Auch hiergegen werden teilweise grundsätzliche Bedenken erhoben, weil der BGH entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam erklärt hat. Auch der Einwand, der Arbeitgeber habe für die mit der Auszahlung des Gehalts verbundenen Nebenkosten einzustehen, wird erhoben. Das BAG hat sich soweit ersichtlich noch nicht geäußert. Zu einer Umgehung des § 308 Nr. 9 lit. a) BGB führen entsprechende Vereinbarungen jedenfalls nicht. Die Abtretung selbst bleibt weiterhin zulässig.
Entsprechende Einwände werden gegen formularvertragliche Regelungen zur Kostenabwälzung bei Verpfändung und Abtretung vorgebracht.
Will der Arbeitgeber gleichwohl versuchen, die Kosten einer Pfändung und/oder Verpfändung und Abtretung auf den Arbeitnehmer abzuwälzen, sollten entsprechende Klauseln in Formularverträgen besonders sorgfältig gestaltet werden. Will man kein Risiko eingehen, ist auch von formularvertraglichen Regelungen zur Kostentragung Abstand zu nehmen.
Rz. 227
Entscheidet sich der Arbeitgeber für die Aufnahme einer formularvertraglichen Bestimmung zur Kostentragungspflicht, sind jedenfalls die Regelungen in § 309 Nr. 5 BGB zu befolgen. Wird ein Pauschbetrag veranschlagt, droht Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 5a BGB. Hiernach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadenersatz unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Der Arbeitgeber ist daher gut beraten, keine zu hohe Pauschale zu wählen, sondern vorab die typischerweise entstehenden Kosten zu ermitteln. Von Regelungen, die dem Arbeitnehmer einen prozentualen Anteil der Pfändungssumme als Kostenpauschale auferlegen, ist abzuraten. Des Weiteren wäre nach § 309 Nr. 5b BGB dem anderen Vertragsteil ausdrücklich der Nachweis zu gestatten, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.